Mittwoch, 30. Mai 2007

Tabloid oder was?


Die von mir bisher stets sehr geschätzte Frankfurter Rundschau, seit knapp drei Jahren nun meine Tageszeitung, hat sich runderneuert und erschien heute zum ersten mal im handlichen Tabloid-Format, das ich bisher schon an der El Pais zu schätzen wusste. Seit Monaten sorgt die angekündigte Umstellung für heiße Diskussionen in der Leserschaft. Format und Layout scheinen mir, nun da die neue FR vor mir liegt, recht ansprechend, und mir hat es ohnehin nie so recht eingeleuchtet, weshalb Tagesszeitungen so großformatig und unhandlich sein müssen. Als absolutes Negativbeispiel fällt mir da stets die ZEIT ins Auge. Einer der Gründe, weshalb ich sie so selten kaufe ist definitiv ihr Mammutformat, das mir bei Zugfahrten stets zu schaffen macht, sollte ich mal nicht den Luxus genießen dürfen, zwei Plätze für mich alleine zu haben. Sicher, so einen riesen Fetzen Papier vor sich zu halten mag etwas weltmännisches haben, aber nur, solange man nicht umblättern oder zusammenfalten muss. Welch Wohltat dagegen eine Zeitung wie die El Pais: klein, übersichtlich und trotzdem hochqualitativ.

Dass sich die in den letzten Jahren ziemlich krisengeschüttelte FR durch die Umstellung retten könnte ist recht wahrscheinlich. (Die seit Jahren gesunkene Auflage liegt jetzt bei 150.000 verkauften Exemplaren; im ersten Quartal 2007 verkaufte die FR 11.000 Exemplare weniger als noch ein Jahr zuvor. Von einst mehr als 1.600 Mitarbeitern waren noch 720 übrig, als Ende September der Abbau weiterer 200 Stellen angekündigt wurde.) Ob sie mit neuem Format und Stil allerdings Vorreiter oder Einzelgänger bleibt, wird sich noch zeigen. Dass ich heute über zwei Stunden in der Tageszeitung las - etwas, das ich ansonsten höchstens am Wochenende zustande bringe - könnte zwar durchaus als positives Signal gedeutet werden. Allerdings kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass es daran gelegen haben mag, dass sie ein wenig bequemer und bunter geworden ist – mehr Feuilleton, weniger Politik. Sollte sich das dauerhaft ändern, muss ich mich leider nach einer neuen Tageszeitung umschauen, vielleicht sogar der Konkurrenz aus der Mainmetropole…




2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

ein schmierblatt ist das geworden, das kaum mehr etwas mit der linksliberalen institution, die sie noch vor drei tagen war, zu tun. springer lässt grüßen. der frblog läuft auch schon heiß, wie viele treue leser der zeitung den rücken kehren, sollte die redaktion aufhorchen lassen!

Mathias Ellwanger hat gesagt…

Dein Urteil mag vielleicht etwas hart sein, aber dem mehrheitlichen Tenor v.a. im FR-Blog entsprechen. Noch am Mittwoch wurde ich mit einem zwiespältigen Leserbrief "gewürdigt" und seit heute bin auch ich angehender Ex-FR-Leser. Als Abonnent dauert die Sache noch ein paar Tage, aber alles in allem sieht es nach einer endgültigen Trennung aus. Dass mit der Format- und Layoutumstellung auch eine inhaltliche einhergeht, hat uns Lesern trotz wochenlanger pädagogischer Einführung in die Vorteile des Tabloid leider niemand verraten. Und dass darunter der doch stark ausgedünnte Politikteil zu leiden hat, ist gerade für mich besonders bedauerlich...
Für eine umfassende politsche Tagesberichterstattung muss ich in Zukunft wohl leider zur Konkurrenz greifen. Wirklich schade!