Sonntag, 31. Januar 2016

High Fidelity Teil 7: Fatalitäten


Meine Bücher des Jahres 2015
1. David Foster Wallace & Marc Costello - Signifying Rappers
2. Jonathan Lethem - Fear of music
3. Michel Houellebecq - Karte und Gebiet
4. W.G. Sebald - Die Ausgewanderten
5. Swetlana Alexejewitsch - Der Krieg hat kein weibliches Gesicht

Belletristik:

Michel Houellebecq - Unterwerfung: Noch unter dem Eindruck der Anschläge auf Charlie Hebdo habe ich das Buch an einem Wochenende verschlungen. Der richtige Roman zur richtigen Zeit. Und eben keine plumpe antiislamische Schmähschrift, sondern eine Fundamentalkritik der französischen Republik. Das hat Houellebecqs Romane seit jeher ausgezeichnet: dass er bei seiner Gesellschafts- und Kulturkritik niemanden ausnimmt, auf keiner Seite steht, keine Politik betreibt – und sich daher auch nicht so einfach vereinnahmen lässt.

Joris-Karl Huysmans - Gegen den Strich
: Wegen der Huysmans-Bezüge in "Unterwerfung" versuchte ich mich an "Gegen den Strich", empfand das Werk aber als reichlich geschwätzig. Eher enttäuschend.

Michel Houellebecq - Karte und Gebiet: Eine Künstlerbiografie und der beste Roman des Franzosen. Alleine deshalb, weil er sich selbstironisch als Protagonist auftauchen lässt. Und wie! Mehr sei an dieser Stelle erstmal nicht verraten...

Patrick Modiano - Eine Jugend: Von der Kritik hochgelobt ob seiner wunderbaren Alltagsbeschreibungen, empfand ich diesen Roman als eher dröge und überflächlich.

W.G. Sebald - Die Ausgewanderten: Echte Schicksale jüdischer Auswanderer vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkriegs literarisch verarbeitet. Berührend, abgründig und absolut empfehlenswert.

Swetlana Alexejewitsch - Der Krieg hat kein weibliches Gesicht: Als das Buch während der Sowjetzeit erschien war es den Herrschenden alles andere als genehm. Basierte es doch auf hunderten Gesprächen mit Frauen, die in der Roten Armee gedient hatten. Und was sie erzählten passte so gar nicht ins Bild des heroischen Großen Vaterländischen Krieges. Ein schonungsloses Bild des Alltags im Krieg - und wegen der weiblichen Perspektive ein lohnenswert-ungewöhnlicher Blick auf ein vielfach verarbeitetes Thema.

Jochen Distelmeyer - Otis: Der Leser plagt sich durch nichtssagende Dialoge, durch Beschreibungen des Innenlebens gelangweilter Hauptstädter – und fragt sich, wohin der Autor mit seiner Geschichte eigentlich will. Daneben serviert Distelmeyer etliche zwar interessante, doch selten für die Geschichte notwendige Exkurse, etwa zum Holocaustmahnmal, der Geschichte des Tierparks und Homers Odyssee. Oder steigt in eine Nebenerzählung ein, die weder zu Ende erzählt wird noch in irgendeinem Zusammenhang mit der Geschichte steht. In die Mitte des Romans hat der Autor dann ein skurriles Theaterstück namens „Das Loch“ gepackt, was angesichts der eher bescheidenen Rahmenhandlung doch reichlich prätentiös wirkt. Kaum zu fassen, dass der Mann mal für große Texte stand.

Frank Schulz - Onno Vietz und der Irre vom Kietz: Kurzweiliger Kiez-Krimi und schräge Milieustudie. Manchmal urkomisch, oftmals einfach nur skurril.

Jonathan Lethem - Garten der Dissidenten: Eine schonungslose Abrechnung mit den Träumen und Lebenslügen der amerikanischen Linken, verpackt in einen autobiographisch gefärbten Generationenroman. Mein erster Lethem und sicher nicht mein letzter.

Wiglaf Droste - Die Würde des Menschen ist ein Konjunktiv: Gesammelte Sprachglossen von Droste - kurzweilig, wenn auch nicht immer auf höchstem Niveau.

Sachbuch:

Daniele Ganser - Nato-Geheimarmeen in Europa: Dass die Nato während des Kalten Krieges Geheimarmeen aufbaute (für den Fall eines Angriffs aus dem Osten) und dafür nicht nur Rechtsextremisten rekrutierte, die sogar Anschläge verübten, klingt wie eine Verschwörungstheorie, ist aber in dieser Dissertation gut belegt.

Harald Welzer - Selbst denken: Das Buch will vor allem dem Öko in uns einen Spiegel vorhalten, Lebenslügen entlarven und die Dringlichkeit zum grundlegenden Wandel unseres Lebensstil aufzeigen. Dabei überteibt es der assoziativ argumentierende Welzer allerdings etwas mit der Publikumsbeschimpfung.

Catherine Belsey - Poststrukturalismus: Gute und kurze Einführung in Themen, Ideen und Denker des Poststrukturalismus.

Christian Stahl - In den Gangs von Neukölln: Soziologe und Journalist, der zufällig zum Nachbar eines der schlimmsten Intensivtäter Neuköllns wird - und mit ihm Freundschaft schließt. Der Autor nähert sich dessen Geschichte mit soziologischem Blick, und ist sich seiner mangelnden Distanz doch stets bewusst.

Paul Collier - Exodus - warum wir Einwanderung neu regeln müssen: Gut lesbares, durchaus wissenschaftliches Werk über Migrationspolitik, ihre Logiken und Widersprüche. Stark in der Analyse, nicht ganz überzeugend bei den politischen Vorschlägen.

Karin Leukfeld - Flächenbrand - Syrien, Irak, die Arabische Welt und der Islamische Staat: Leukfeld berichtet seit Jahren für ND und Junge Welt aus dem Nahen Osten. Das sollte man im Hinterkopf behalten bei der Lektüre dieses sehr kundigen und überhaupt nicht reißerischen Berichts aus Herzen der Finsternis.

Spex: Das Buch - 33 1/3 Jahre Pop: Texte aus 33 1/3 Jahren Spex. Muss man noch mehr dazu sagen?

Konrad Lorenz - Die acht Todsünden der zivilisierten Menschheit: Klassiker der Kulturkritik, dessen naturalistischer Argumentation man nicht folgen, mit der man sicher aber durchaus auseinandersetzen sollte.

Jonathan Lethem - Fear of music: Wie Lethem hier Song für Song "Fear of music" von den Talking Heads analysiert ist schlichtweg genial - und hat mir das Album wirklich sehr nahe gebracht.

David Foster Wallace & Marc Costello - Signifying Rappers: Frühwerk von DFW, in dem er sich voller Begeisterung mit der damals (Ende der 80er) unter Weißen noch verpönten Kunst des Hip Hop beschäftigt. Die meisten Künstler dürften längst vergessen sein. Die Bedeutung dieser längst anerkannten Kulturform früh begriffen zu haben, ehrt die beiden Autoren.

Christian Semler - Kein Kommunismus ist auch keine Lösung: Aufsätze, Essays und Artikel des einstigen taz-Autors. Viele lesenswerte Reflexionen über die Linke, ihr historisches Scheitern - und warum es sich dennoch lohnt, weiter zu kämpfen.

Mathias Weik & Marc Friedrich - Der Crash ist die Lösung: Bestseller zur Finanzkrise von zwei Waiblinger Ökonomen, die auch gerne im ZVW zu Wort kommen. Gut in der Analyse, aber extrem nervig im reißerischen Ton. Und was die Prognose anbelangt, lagen sie bisher falsch.

Montag, 18. Januar 2016

David Bowie besingt seinen eigenen Tod

"Look up here now / I'm in heaven / I've got scars that can't be seen / I've got drama, can't be stolen / everybody knows me now"

Samstag, 9. Januar 2016

Impressionen No. XLIII: Die Welt des Schattentheaters






"Licht und Schatten, Schwarz und Weiß: Wer durch die Ausstellung wandelt, taucht ein in eine Unterweltfahrt, auf der Dämonen, Geister, Wünsche und Träume erscheinen, die sowohl mythische Gattungsfrühe wie vergessene Kindheitsferne beschwören. (...) Selten ist man durch eine Ausstellung gegangen, die so existenziell berührte." (Thomas Milz, Reutlinger General-Anzeiger)

"Die Welt des Schattentheaters" ist noch zu sehen bis 3. April im Stuttgarter Lindenmuseum.

Freitag, 1. Januar 2016

Mixtape No. 9: Arbeit und Struktur

 
1. Sufjan Stevens - Should have known better (2015)
2. Bill Fay - How little (2015) 
3. Kamasi Washington - The Message (2015)
4. Die Nerven - Barfuß durch die Scherben (2015)
5. Hiatus Kyote - Breathing underwater (2015)
6. Kendrick Lamar - Alright (2015)
7. Little Simz - Wings (2015) 
8. Roots Manuva - Don't breathe out (2015)
9. Fatoni & Dexter - Authitenzität (2015)
10. Dj Shadow - Midnight in a perfect world (1996)
11. Destroyer - Forces from above (2015)
12. Caribou - Can't do without you (2014)
13. Jamie XX - The rest is noise (2015)

...und hier das ganze als Youtube-Playlist