Donnerstag, 30. November 2006

Lethargie



Es gibt diese Momente, da wird einem die ganze Sinnlosigkeit allen Handelns und Seins so offenbar, dass jede Motivation, überhaupt etwas zu tun schlagartig erlahmt. Anstatt in das (Welt-)Geschehen in irgendeiner Form einzugreifen, lässt man sich fatalistisch treiben. Alles passiert einfach, nichts wozu eine Anstrengung lohnen würde, kein Ziel mehr vor Augen, reine Bedürfnisbefriedigung, kein Wille - nur Vegetieren, keine Veränderung - nur Beobachtung.
An der Stelle wird es zur Herausforderung, NICHT zum Zyniker oder Nihilisten zu werden. Weshalb auch nicht? Jeder Idealismus ist letztlich zum scheitern verdammt, wenn er nicht zum Glaube wird. Aber woran sollen wir denn noch glauben? Und weshalb? Was soll das überhaupt? Und wieso lässt sich jener Knopf im Kopf einfach nicht finden, mit dem sich das Denken ausschalten lässt?

Samstag, 18. November 2006

Insomnia

"Making excess / mess in darkness / No electricity, Something's all over me, greasy / Insomnia please release me / and let me dream of making mad love to my girl on the heath / Tearing off tights with my teeth / But there's no release, no peace / I toss and turn without cease / Like a curse / I open my eyes and rise like yeast”

Manch einer wird sich noch erinnern an dieses Lied, das Mitte der Neunziger überall zu hören war und zu den wenigen House-Tracks zählt, die ich heute noch gerne höre. Nun, wie komme ich bloß darauf, plötzlich über House zu schreiben? Die Antwort ist einfach: mir geht es ähnlich wie Maxi Jazz. I can’t get no sleep – und das schon seit beinahe sechs Wochen. Die Welt um einen herum erscheint mit der Zeit immer surrealer, ich fühle mich abwechselnd high und down, hibbelig und lethargisch, voll aufnahmebereit und weit weit weg. Das wirklich faszinierende ist, dass sich der Körper überlisten lässt, dass er den fehlenden psychischen Ausgleich kompensieren kann, dass ich dennoch funktioniere.

Mitten in der Nacht aufzuwachen und auf einen Schlag hellwach zu sein hat schon etwas extrem unangenehmes. Nach zwei Stunden Schlaf am nächsten Abend dann partout nicht einschlafen zu können, sich beinahe zwei Stunden im Bett zu wälzen, um dann – endlich eingeschlafen – nach drei Stunden schon wieder im Bett stehen zu müssen, macht schon direkt wütend, wäre man nicht durch den Mangel an Schlaf so geschwächt.

Und nun? Ich fange an, mich an meine Insomnie zu gewöhnen, nutze die Zeit, mich in sinnlose Gedanken zu versteigen, die Welt zu verfluchen und hoffe, dass meine Schlaflosigkeit sich nicht in eine allgemeine Boshaftigkeit gegen die Welt entwickelt. Denn neben der allgemeinen Ambivalenz der Gefühle, die sie bei mir auslöst, macht sie mich unausgeglichen und reizbar gegenüber meinen Mitmenschen. So sitze ich an diesem trüben Samstagnachmittag an meinem Fenster, starre apathisch in die spätherbstlich entblätterten Äste der Bäume gegenüber, doch wie sang schon 1963 der inzwischen mit dem Bundesverdienstkreuz geehrte Wolf Biermann: „Wartet nicht auf bessre Zeiten / Wartet nicht mit eurem Mut / Gleich dem Tor, der Tag für Tag / An des Flusses Ufer wartet / Bis die Wasser abgeflossen / die doch ewig fließen“…

Sonntag, 12. November 2006

Femme fatale















"Frauen sind mehr innerweltlich orientiert als Männer, sie stehen dem Körper näher, schützen sich mehr gegen aussen. Frauen sind Gemälde. Männer sind Probleme. Wenn Sie wissen wollen, was eine Frau wirklich meint - was übrigens immer ein gefährliches Unterfangen ist - sehen Sie sie an, und hören Sie ihr nicht zu. "

"Die Stärke der Frauen rührt aus der Tatsache her, daß die Psychologie sie nicht zu deuten vermag. Männer kann man analysieren, Frauen nur anbeten."

(Oscar Wilde)

FEMME FATALE
(The Velvet Underground & Nico)

Here she comes, you better watch your step
She's going to break your heart in two, it's true
It's not hard to realize
Just look into her false colored eyes
She builds you up to just put you down, what a clown

'Cause everybody knows (She's a femme fatale)
The things she does to please (She's a femme fatale)
She's just a little tease (She's a femme fatale)
See the way she walks
Hear the way she talks

You're written in her book
You're number 37, have a look
She's going to smile to make you frown, what a clown
Little boy, she's from the street
Before you start, you're already beat
She's gonna play you for a fool, yes it's true

'Cause everybody knows (She's a femme fatale)
The things she does to please (She's a femme fatale)
She's just a little tease (She's a femme fatale)
See the way she walks
Hear the way she talks

Samstag, 11. November 2006

Dazed and confused ?!
















Zwischen den Bahngleisen, unweit der Biegung des Flusses spiegelt sich mein eigenes Ich im ganzen Spektrum seiner Farben. Züge rollen ungefragt, Menschen gehen ohne zu sehen, ich höre den Wind und stell mir tausend Fragen. Doch bald schon merke ich: ohne dich macht alles keinen Sinn. Du bist die große Ungefragte, Monolith des Geistes, Manifestation der Unvernunft. Wer kann dich sehen? Werd ich dein Wesen je verstehen? Oder bleib ich einfach stehen, hier und jetzt, für immer gefangen in diesem Moment, dieser Sekunde voller Zweifel, Dunkelheit und Kälte? Was kann, was will, was vermag ich noch zu wissen? Und wohin soll ich damit? "Zur Hölle - wo liegt das?"
 

DAZED AND CONFUSED
(Led Zeppelin - grandioses Live-Video von 1969)

"Been dazed and confused for so long its not true / Wanted a woman, never bargained for you / Lots of people talk and few of them know / Soul of a woman was created below / You hurt and abused tellin all of your lies / Run around sweet baby lord how they hypnotize / Sweet little baby, I dont know where you've been / Gonna love you baby, here I come again / Every day I work so hard Bringin home my hard earned pay / Try to love you baby, but you push me away / Don't know where youre goin' Only know just where youve been / Sweet little baby, I want you again / Been dazed and confused for so long, its not true / Wanted a woman, never bargained for you / Take it easy baby, let them say what they will / Will your tongue wag so much when I send you the bill?"

Freitag, 10. November 2006

Das Wunder der Systemfunktion


In was für einer Gesellschaft leben wir eigentlich? Und in welcher würden wir gerne leben? Diese Fragen sind mir in letzter Zeit oft durch den Kopf gegangen. Angesichts der zunehmenden gesellschaftlichen Fragmentierung ist es an der Zeit, sich ernsthaft darüber Gedanken zu machen, in welche Richtung unsere Gesellschaft driftet. Und allzu gutes gibt es da nicht zu konstatieren. Ohne in mein übliches NPD-Lamento zu verfallen: es gibt ein gewaltiges rechtsextremes Potenzial in dieser Republik. Da stimmen laut einer aktuellen Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung ganze 15,2 Prozent der Aussage „Wir sollten einen starken Führer haben, der … mit starker Hand regiert“ zu und gute 37 Prozent sind der Meinung „Die Ausländer kommen nur hierher, um unseren Sozialstaat auszunutzen“. Und immerhin noch 10,1 Prozent sind der Überzeugung, es gäbe „wertvolles und unwertes Leben“. Auf der anderen Seite nun befürworteten es in der ersten großen Studie zu Islam und Gewalt in Deutschland Ende der 90er Jahre 24,3 % der türkischstämmigen Jugendlichen, „andere Menschen zu erniedrigen, wenn es der islamischen Gemeinschaft dient.“ Und weitere 24,2% der Befragten stimmten der folgenden Aussage zu: „Wenn jemand gegen den Islam kämpft, muß man ihn töten.“
Wie schaffen wir es also bloß jeden Tag aufs Neue, dieses Land und die Menschen, die in ihm leben, zusammenzuhalten? Wie kann es sein, dass wir nicht schon längst auf einen Bürgerkriegszustand hinsteuern? Oder tun wir das etwa und verschließen wir davor willentlich die Augen? Wir sind eine pluralistische Gesellschaft, in der jeder mit seinen Ansichten, sofern sie nicht menschenverachtend sind, Platz findet. Solange die Demokratie noch integrationsfähig ist, kann sie auch mit den (wie im obigen Bild ersichtlich geistesverwandten) extremistischen Positionen leben. Aber was passiert, wenn laut aktuellem ARD-Deutschland-Barometer 51 % der Bevölkerung nicht mehr so recht an die Funktionsfähigkeit des Systems glauben möchte und zwei Drittel schon der Überzeugung sind, in diesem Lande herrschten ungerechte Verhältnisse? Vielleicht ist es an der Zeit, die Verhältnisse wieder ein wenig zum Tanzen zu bringen…

Samstag, 4. November 2006

"It's bigger than hip-hop"














Es passiert mir in letzter Zeit recht häufig, dass ich etwas schief angeschaut werde, wenn ich erwähne, dass auch Hip Hop zu meinem musikalischen Repertoire gehört. Die Assoziation meiner Mitmenschen hat dann meist wenig bis gar nichts mit dem zu tun, was ich unter (gutem) Hip Hop verstehe und höre und setzt sich zumeist aus Nelly, 50 Cent, Sido oder Eko und Konsorten zusammen. Dass ich mit diesen Gestalten allesamt nichts anfangen kann, ich sie eher als lächerliche Narzissten ohne nennenswerte Skills empfinde und generell ein Problem mit dem „Hip Hop“ des 21. Jahrhunderts (der zumeist eine Mischung aus schlechtem R’n’B und schlechterem Gangstarap darstellt) habe, dürfte den meisten wohl bekannt sein.

Wie aber jemanden, der durch das mainstreampopmusikalische Phänomen Hip Hop geprägt wurde erklären, was diese nun bald schon dreißig Jahre alte Jugendkultur einst ausmachte? Da bin ich zugegebenermaßen überfordert, fange an mit den Siebzigern, den Ghettos, dem Do-It-Yourself-Prinzip, den drei Säulen der Hip Hop-Kultur, den alten Meistern, der Old School, der New School, den Native Tounges, die ganze Litanei – und mein Gegenüber ist entweder schon ganz wo anders mit seinen Gedanken oder hat Probleme, seine Vorstellungen von Bling Bling mit dem Conscious Style etwa eines KRS-One in Einklang zu bringen. Und genau derselbe Verlust an Wissen um die Möglichkeiten dieses Lebensstils ist bei den neuen Hip Hop-Heads zu beobachten.

So zerfällt mit der Zeit die gesamte Kultur, und zurück bleibt (neben ein paar wenigen ernst zu nehmenden Rappern) eine im Großen und Ganzen ziemlich belanglose, funktionale Popmusiksparte und jede Menge fehlgeleitete Jugendliche. Das ist so bedauerlich wie ärgerlich und ich wüsste auch nicht, wie diese Entwicklung wieder umzudrehen wäre. Stattdessen greife ich einfach zum Altbekannten und Bewährten, um mich immer wieder aufs Neue zu wundern wie frisch und aktuell doch viele Sachen auch heute noch klingen und wie altbacken, hölzern (von Flow scheinen viele wohl noch nie etwas gehört zu haben) und gewollt doch so vieles im aktuellen Hip Hop klingt – sofern sich überhaupt noch von so einer Kultur sprechen lassen kann… Ein grandioses Beispiel für massentauglichen, beat- und flowtechnisch einwandfreien, immer noch zeitgemäßen und inhaltsreichen Hip Hop, in diesem Fall aus Frankreich sind NTM mit ihrem 1998er Laisse pas trainer ton fils (zu deutsch: Lass deinen Sohn nicht einfach auf der Straße rumhängen), das mir momentan nicht mehr aus dem Kopf geht, und das ich euch – youtube sei Dank – nicht vorenthalten möchte…


LAISSE PAS TRAINER TON FILS


A l'aube de l'an 2000
Pour les jeunes c'est plus le même deal
Pour celui qui traîne, comme pour celui qui file
Tout droit, de tout façon y a plus de boulot
La boucle est bouclée, le système a la tête sous l'eau
Et les jeunes sont saoulés, salis sous le silence
Seule issue la rue même quand elle est en sang
C'est pas un souci pour ceux qui s'y sont préparés, si ça se peut
Certains d'entre eux même s'en sortiront mieux
Mais pour les autres, c'est clair, ça s'ra pas facile
Faut pas s'voiler la face, il suffit pas d'vendre des "kill"
Faut tenir le surin pour le lendemain
S'assurer que les siens aillent bien
Eviter les coups de surin
Afin de garder son bien intact
Son équipe compacte, soudée, écoute de scanner pour garder le contact
Ou décider de bouger, éviter les zones rouges, et
Surtout jamais prendre de congés
C'est ça que tu veux pour ton fils ?
C'est comme ça que tu veux qu'il grandisse ?
J'ai pas de conseil à donner, mais si tu veux pas qu'il glisse
Regarde-le, quand il parle, écoute-le !
Le laisse pas chercher ailleurs, l'amour qu'y devrait y avoir dans tes yeux

{Refrain:}
Laisse pas traîner ton fils
Si tu ne veux pas qu'il glisse
Qu'il te ramène du vice
Laisse pas traîner ton fils
Si tu veux pas qu'il glisse


Putain, c'est en me disant : "J'ai jamais demandé à t'avoir !"
C'est avec ces formules, trop saoulées, enfin faut croire
Que mon père a contribué à me lier avec la rue
J'ai eu l'illusion de trouver mieux, j'ai vu
Ce qu'un gamin de quatorze ans, avec le décalage de l'âge
Peut entrevoir, c'était comme un mirage
Plus d'interdit, juste avoir les dents assez longues
Pour croquer la vie, profiter de tout ce qui tombe
La rue a su me prendre car elle me faisait confiance
Chose qui avec mon père était comme de la nuisance
Aucun d'entre nous n'a voulu recoller les morceaux
Toute tentative nous montrait qu'on avait vraiment trop d'ego
Mon père n'était pas chanteur, il aimait les sales rengaines
Surtout celles qui vous tapent comme un grand coup de surin en pleine poitrine
Croyant la jouer fine. Il ne voulait pas, ne cherchait même pas
A ranger ce putain d'orgueil qui tranchait les liens familiaux
Chaque jour un peu plus
J'avais pas l'impression d'être plus coté qu'une caisse à l'argus
Donc j'ai dû renoncer, trouver mes propres complices
Mes partenaires de glisse Désolé si je m'immisce

{au Refrain}

Que voulais-tu que ton fils apprenne dans la rue ?
Quelles vertus croyais-tu qu'on y enseigne ?
T'as pas vu comment ça pue dehors
Mais comment ça sent la mort ?
Quand tu respires ça, mec, t'es comme mort-né
Tu finis borné
A force de tourner en rond
Ton cerveau te fait défaut, puis fait des fonds
Et c'est vraiment pas bon quand t'en perd le contrôle
Quand pour les yeux des autres, tu joues de mieux en mieux ton orle
Ton orle de "caï-ra", juste pour ne pas
Qu'on te dise : "Voilà tu fais plus partie de la "mille-fa" d'en bas"
C'est dingue mais c'est comme ça
Sache qu'ici-bas, plus qu'ailleurs, la survie est un combat
A base de coups bas, de coups de "tom-ba"
D'esquives et de "Paw !" de putains de "stom-bas"
Laisse pas traîner ton fils
Si tu veux pas qu'il glisse
Qu'il te ramène du vice
Non laisse pas traîner ton fils

{au Refrain}