Mittwoch, 11. März 2020

Die Corona-Lehre

Quarantänehäuser spriessen,
Ärzte, Betten überall
Forscher forschen, Gelder fliessen -
Politik mit Überschall.

Also hat sie klargestellt:
Wenn sie will, dann kann die Welt.
Also will sie nicht beenden
Das Krepieren in den Kriegen,

Das Verrecken vor den Stränden
Und dass Kinder schreiend liegen
In den Zelten, zitternd, nass.
Also will sie. Alles das.

(Thomas Gsella, 2020)

Samstag, 7. März 2020

Zeit für drastische Maßnahmen

Seit dieser Woche beschleicht mich ein ungutes Gefühl. Denn nicht nur in Rudersberg, wo ich beruflich häufig bin, gibt es zwei bestätigte Corona-Fälle. Auch Weinstadt hat seit Freitag seinen ersten bestätigten Fall. Und in beiden Orten sind große Schulen betroffen. Erst am Freitag wurde Südtirol zum Risikogebiet erklärt. In Weinstadt müssen deshalb jetzt 250 Schüler dem Unterricht fernbleiben. Das Schulzentrum Rudersberg hat noch bis Dienstag den Betrieb eingestellt. Richtige Entscheidungen. Allerdings hatte das hochansteckende Virus bis dahin genügend Zeit, sich munter auszubreiten. Und das an Orten, wo sich sehr viele Menschen aufhalten.

Dass Südtirol zur Gefahr werden könnte, war bereits Anfang der Woche abzusehen. Auch dass Corona auf uns zukommt, ist seit Wochen klar. Doch die Behörden reagieren erst jetzt und, wie ich finde, immer einen Tick zu spät. Da ich Verwandtschaft in China habe (die uns inständig darum gebeten hat, nur noch rauszugehen, wenn es unbedingt nötig ist, und wenn, dann mit Maske), weiß ich, was in den kommenden Wochen möglicherweise dräut.

Deutschland reagiert zu langsam

Denn wie China, wo das Problem zunächst unterdrückt, dann unterschätzt wurde, reagieren auch wir in Deutschland viel zu langsam. Im Gegensatz zu uns hat die Volksrepublik aber an einem entscheidenden Punkt die Notbremse gezogen und die wohl drastischste kollektive Quarantäne der Geschichte verordnet. Seit vier Wochen findet kein wirkliches öffentliches Leben statt. Mit dem Ergebnis, dass es dort inzwischen weniger Neuinfektionen gibt als in Deutschland. Und tausende Menschenleben gerettet wurden.

Die Weltgesundheitsorganisation hat diese Maßnahmen kürzlich ausdrücklich gelobt und zur Nachahmung empfohlen, zugleich aber auch darauf hingewiesen, dass in anderen Ländern die nötige Geisteshaltung für solch krasse Alltagseinschränkungen wohl fehlt.

Nicht der Virus, die Epidemie ist das Problem!

Nein, ich möchte hier sicher keine Panik verbreiten. Und ich habe auch keine Angst vor dem Virus - zumal ich nicht zur Hochrisikogruppe gehöre. Das Problem ist aber, dass es hochansteckend ist - und das auch bei Personen, die noch keine Symptome zeigen. Das Problem ist daher vor allem die Epidemie, die auf uns zurollt. Im Ostalbkreis ist schon nach dem zweiten bestätigten Fall zu sehen, welche Auswirkungen das haben könnte. Denn es war auch eine Krankenpflegerin betroffen, weshalb insgesamt zwölf Pflegekräfte unter Quarantäne stehen und die Intensivstation am Virngrundklinikum Ellwangen um vier Betten reduziert werden musste. Und das wegen einem Fall!

Auch der Rudersberger Arzt befindet sich vorsorglich noch in Quarantäne. Man mag sich gar nicht ausmalen, wie unser ohnehin kaputt gespartes Gesundheitssystem in die Knie gehen wird, wenn sich das Virus, so wie es momentan aussieht, schnell und exponentiell ausbreitet. Auch das lässt sich aus China lernen: Den Preis hätten dann nicht nur die Corona-Patienten zu zahlen, sondern alle, die chronisch krank und auf ein funktionierendes Gesundheitssystem angewiesen sind.

Daher ist es jetzt auch in Deutschland an der Zeit, drastischere Maßnahmen zu ergreifen. 14 Tage Corona-Ferien etwa, wie von Virologe Alexander Kekulé jüngst gefordert. Die Absage aller Großveranstaltungen. Fußball-Bundesliga ohne Publikum. Mehr Tests. Ausreichend Schutzausrüstung für das klinische Personal. Und nicht zuletzt bedarf es auch eines geschärften Bewusstseins für die Risiken in der Bevölkerung.

Update: Dieser Beitrag ist jetzt in aktualisierter Version in der Lokalzeitung erschienen.