Sonntag, 25. Oktober 2009

Samstag, 24. Oktober 2009

Altlasten

Wenn tatsächlich stimmen sollte, was Thomas Avenarius in der gestrigen SZ berichtete, dann dürfte auch der letzte Rest an moralischer Integrität im "Kampf gegen den Terror" endgültig verloren sein. Das missionarische Sendungsbewusstsein der Neokonservativen bestimmte bekanntlichermaßen die längste Zeit das außenpolitische Handeln unter Bush. Ziel war es, die Welt mit den westlichen Werten von Demokratie und Menschenrechten zu beglücken, unter US-amerikanischer Führung und mit kriegerischen Mitteln, das versteht sich. Soweit, so bekannt.

Denn nach Abu Ghraib, Guantanamo, Bagram, gesetzlich genehmigter Folter, über 100.000 toten Zivilisten im Irak und einem alles andere als befriedeten und demokratischen Afghanistan, kann von einem irgendwie gearteten moralischen Überlegenheitsanspruch - den ja außer den USA nie wirklich jemand anerkannt hat - natürlich keine Rede mehr sein. Auch dies ist leidlich bekannt.

Dass jetzt allerdings die USA, während sie im Irak und Afghanistan Krieg gegen Dschihadisten führten, gleichzeitig im Iran viel Geld in die Dschundullah (die Soldaten Allahs), eine sunnitisch-islamistische Terrororganisation steckte, die just einen Anschlag gegen die iranischen Revolutionsgarden zu verantworten hatte, ist jedoch der Gipfel der Heuchelei.

Das amerikanische Jahrhundert ist lange vorbei, Bush war sein Totengräber und Obama gibt sich alle Mühe als Nachlassverwalter. Doch mit solch einer schweren Bürde wird es ihm schwer fallen, nicht zu scheitern.

Samstag, 10. Oktober 2009

Was tun?



Es sind stürmische Zeiten, in denen wir leben. Sie zu beschreiben ist eine der größten Herausforderungen für alle wachen Geister. Alles zerstäubt, zerfällt, zerfasert. Die alten Begriffe taugen nichts mehr. Die alten Lösungen noch weniger. Neue, innovative, ehrliche Ideen sind gefragt, doch kaum in Sicht. Die alten Bindungen sind nichts mehr wert, nur hohle Formeln, an der steilen Klippen der Realität zerberstend. Nichts ist von Dauer, nichts von Wert, wie leben den unendlichen, immer verfügbaren Shuffle-Modus.

Doch wie kann in einer sich atomisierenden Gesellschaft überhaupt noch sinnvoll kommuniziert werden? Mediale Inszenierungen von Diskursen laufen zumeist ins Leere, da noch nicht einmal die grundlegenden Prämissen offengelegt werden. Der akademische Diskurs hingegen verläuft weitestgehend jenseits der Öffentlichkeiten in eigenen, schwer durchdringbaren, selbstreferentiellen Sphären. Das begriffliche Instrumentarium der Sozialwissenschaften ist kaum in der Lage. die komplexen Realitäten zu fassen.

Die viel beschworene Mitte gibt es nicht (mehr). Der Partikularismus hat schon längst Überhand genommen: Maximale Ansprüche bei minimalem Selbsteinsatz, uneingeschränkte Bedürfnisbefriedigung, grenzenlose kapitalistische Haben-Orientierung und ein verkümmertes Sein-Bewusstsein verstellen uns den Blick aufs Wesentliche.

Weshalb dieser Kulturpessimismus? Weil die Fortschrittsideologien gescheitert sind, die den Menschen das Versprechen gaben, alles Leiden sei nur vorübergehende Notwendigkeit auf dem Weg zur Veredelung des Menschengeschlechts. Nein, niemand gibt sich mehr ernsthaft Illusionen über dessen moralische Fähigkeiten hin. Und der Glaube, einst erkämpfte zivilisatorische Errungenschaften seien für die Ewigkeit und nicht in ihr Gegenteil umkehrbar, ist naiv. Doch was tun? Nicht-Handeln?

Pflege des Lebens

Der SINN erzeugt.
Das LEBEN nährt.
Das Wesen gestaltet.
Die Kraft vollendet.
Also auch:
unter allen Geschöpfen ist keines,
das nicht den SINN ehrt
und das LEBEN werthält.
Wird der SINN geehrt und das LEBEN gewertet,
so bedarf es keiner Gebote:
und alles geht beständig von selber.
Darum, laß den SINN erzeugen,
nähren, vermehren,
bilden, vollenden,
reifen, aufziehen, schützen:
Erzeugen und nicht besitzen,
wirken und nicht behalten,
mehren und nicht beherrschen:
Das ist geheimes LEBEN.

(Laozi)

Manifeste

Wo bleiben die Manifeste?
Die rauschenden Feste
der Freiheit und des Glücks?
Sind sie verstohlen und hinterrücks

zur Tür hinaus und übern Berg?
Unsre Probleme gleichen dem Zwerg,
der vor dem Riesen steht und schweigt.
Wo ist der Weg, der aus dem Dunkel zeigt?