Freitag, 20. März 2015

Sonnenfinsternis

20. März, 10.15 Uhr

Mittwoch, 18. März 2015

regenwürmer


in jenem sommer lag die erde rissig
und trocken da. mit wechselstrom und drähten
im boden schufen wir ein falsches wetter
und lockten würmer hoch, um jene zwitter
an blanke haken auszuliefern. jahre später

seh ich am himmel ihre schatten ziehen, riesig,
in dunklen wolken, präsentiert sich mir die welt
vorm fenster als kaltes quadrat. ich warte auf das klopfen
an meiner tür und vor der scheibe fällt und fällt
der regen. ich mißtraue jedem tropfen.

(Jan Wagner, Guerickes Sperling, 2004)

Samstag, 14. März 2015

Impressionen No. XL: Wem gehört die Welt?

 
"Wem gehört die Welt?" - Ausstellung von und mit Asylbewerbern in der Kill Galerie im KunstWerk, Fellbach und ein Bericht von mir darüber.

Montag, 2. März 2015

Die Rettungspolitik ist eine Farce


Die Rettungspolitik der Institutionen - formerly known as Troika - ist eine Farce. Sie basiert auf falschen Prämissen, falschen Versprechungen und einer demokratisch nicht legitimierten Entscheidungsstruktur.

Dabei sind ihre Prämissen recht simpel: Was staatlich ist, funktioniert schlecht, was privat ist hingegen effizient. Arbeitnehmerrechte und Sozialleistungen sind Wettbewerbshemmnisse, die es abzuschaffen gilt. Wenn Staaten Geld sparen entsteht Wirtschaftswachstum, wenn sie zuviel davon ausgeben Rezession. Banken sind systemrelevant, Menschen nicht. Wer eine Uni besucht hat, kennt diesen aus den Untiefen der Wissenschaftsdisziplin Wirtschaft entsprungenen Tunnelblick zur Genüge.

Die neoliberalen Ideen haben jedoch im Ergebnis die europäischen Krisenländer zugrunde gerichtet. Niemand kann das noch ernsthaft bezweifeln. Sie haben Arbeitnehmerrechte abgeschafft, viele Millionen Menschen in die Armut und ein Leben ohne soziale Absicherung, ohne Krankenversicherung befördert. Sie haben Steuereinnahmen und Wirtschaftswachstum abgewürgt und stattdessen eine nie dagewesene Umverteilung von unten nach oben, von Staat zu privat, von der Real- in die Finanzwirtschaft bewirkt. Während immer größere Teile der gebildeten doch chancenlosen jungen Menschen in Portugal, Griechenland, Spanien oder Irland auswandern. 

Und doch wird uns diese Politik nach fünf Jahren immer noch als heroische Rettung auf unsere Kosten verkauft. Was skurril anmutet, denn gerettet wurden eigentlich nur Banken, hauptsächlich deutsche und französische, die mit ihren Spekulationen den Zustand mitverursacht haben, der von der europäischen Politik seitdem in regelmäßigen Abständen "gelöst" wird. Profitiert haben zudem Oligarchen, also private Akteure ohne jedes gesamtgesellschaftliche Interesse.

Eine Politik, durchgesetzt von Menschen, die nie gewählt wurden, darum keinem Wähler Rechenschaft schuldig sind, die sich auch keiner Schuld bewusst sind und keine Probleme damit haben, souveräne Staaten schamlos und ihren eigenen Interessen folgend zu entmündigen.

Die Doku von Wirtschaftsjournalist Harald Schumann vertieft das in anderthalb Stunden recht eindeutig, anhand vieler unbestreitbarer Fakten, Zeugen, Betroffener und - als Gegenpol - Vertretern der Institutionen, die sich hinter diese Politik stellen. Die echten Entscheider von EZB, EU-Kommission und IWF hingegen haben sich der Stimme wohlweislich besser enthalten.

Sonntag, 1. März 2015

Impressionen No. XXXIX: Retrospektiv

 

Schmutzige Kriege


Nichts hat den Terrorismus nach 9/11 mehr gefördert als der "Krieg gegen den Terror" selbst. In "Dirty Wars" berichtet der US-amerikanische Kriegsberichterstatter Jeremy Scahill - unter anderen tätig für "The Nation" - über die verdeckten Aktionen der Joint Special Operations Command (JSOC), die unter Präsident Obama stetig ausgebaut wurden. Mittlerweile ist die 1980 gegründete und zunächst hauptsächlich bei Geiselnahmen zum Einsatz gekommene JSOC in mehr als 75 Ländern aktiv.

Todeslisten, Drohnenangriffe, gezielte Tötungen, nächtliche Angriffe mit zivilen Opfern, die vertuscht werden und investigative Journalisten, die auf persönliche Anweisung Obamas inhaftiert werden - darauf trifft der Autor bei seinen Recherchen in Irak, Afhganistan, Jemen und Somalia. Ein weiteres dunkles Kapitel der US-Außenpolitik.

Das dreckige Fleisch

Fleisch aus dem Discounter für drei Euro: Dass so etwas nur mit unwürdiger und hygienisch fragwürdiger Tierhaltung zu bewerkstelligen ist, dürfte jedem einleuchten. Aber die billigen Fleischberge sind auch auf menschlicher Seite mit viel Leid erkauft. Denn die großen Schlachthöfe dieses Landes setzen auf menschenunwürdige Arbeitsbedigungen. Indem man den Arbeitsschutz umgeht, sittenwidrige Löhne zahlt und die Arbeitskraft der Schlachter aufs Äußerste ausbeutet.

Möglich macht das eine Gesetzeslücke namens Werkvertrag. Bei der EU-Osterweiterung hat die Bundesregierung einst durchgesetzt, dass die Osteuropäer bis zu sieben Jahre auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit verzichten. Eigentlich sollte damit genau das verhindert werden, was in der Folge eintrat. Doch die Dienstleistungsfreiheit galt natürlich trotzdem. Betriebe bzw. als Briefkastenfirmen getarnte Betrieb aus dem Osten konnten also ihre Dienstleistungen - zu den Bedingungen in ihren Ländern wohlgemerkt - auch in Deutschland anbieten.

Die großen Schlachthöfe erkannten darin eine Chance, die Kosten weiter zu senken und setzen verstärkt auf osteuropäische, vornehmlich rumänische und bulgarische Subunternehmer, die gleich ganze Produktionsschritte übernahmen. Im Ergebnis leben nun mitten in Deutschland Schlachthof-Mitarbeiter und sklavenähnlichen Bedingungen, mies bezahlt, im Stall oder gleich im Wald schlafend. Und ständig in Kontakt mit Billigfleisch, verseucht mit Antibiotika und multiresistenten Keimen. Ohne anständigen Arbeitsschutz. Und oft ohne Krankenversicherung.

Nach der Lektüre dessen, was Anne Kunze bereits Ende letzten Jahres da in der Zeit aufdeckte, ist mir buchstäblich schlecht geworden.