Freitag, 13. Dezember 2019

Mixtape No. 19: Take me somewhere nice, Part 1


1. Take me somewhere nice - Mogwai (2001)
2. Change is an engine - Savoy Grand (2005)
3. Theresa's sound world - Sonic Youth (1992)
4. Explosion - Tocotronic (2007)
5. Thieves in the palace - Logh (2007)
6. Odd said the doe - Nina Nastasja & Jim White (2007)
7. Fever dream - Iron & Wine (2004)
8. Visions - Stevie Wonder (1972)
9. Hey, who really cares? - Linda Perhacs (1970)
10. Première gymnopedie - Eric Satie (1888)
11. Reflets dans l'eau - Claude Debussy (1905)
12. Empty house - Air (2000)
13. Right where it belongs - Nine Inch Nails (2005)
14. Marion Barfs - Clint Mansell (2000)

Das Mixtape gibt es, wie immer, auch als Youtube-Playlist sowie bei Spotify. Dort aber leider ohne Savoy Grand und Nina Nastasja & Jim White.

Ein Sieg für den Populismus

Boris Johnson und seine Tories haben einen Sieg bei den britischen Unterhauswahlen errungen - und was für einen! Alles sieht nach einem Sieg von historischen Ausmaßen aus. So viele Sitze hat nicht einmal Margret Thatcher für ihre Partei bei Wahlen gewinnen können. Umgekehrt kassiert Labour die seit Jahrzehnten höchste Niederlage bei einer Unterhauswahl. Doch was bedeutet das? Drei Thesen zum Wahlergebnis:

1. Die Wähler waren bereit, einen Politiker zu wählen, der zwar wiederholt und offensichtlich lügt, aber dafür für "Klartext" und einfache Lösungen steht. Johnson ist ein Paradebeispiel für diesen Typus. Bereits zu seinen Zeiten als Journalist (er arbeitete für die Times, den Daily Telegraph und war Herausgeber des Spectator) hat er es mit der Wahrheit nicht so genau genommen. Auch den Brexit selbst hat er nicht aus Überzeugung propagiert, um dann umso vehementer eine Kampagne für den Austritt anzuführen. Auch diese basierte auf einer Lüge: nämlich, dass das Vereinigte Königreich pro Woche 350 Millionen Pfund an die EU zahle - und diese besser im Gesundheitssystem investiert wären. Unnötig zu erwähnen, dass der ehemalige Bürgermeister von London die Institutionen verachtet. Johnsons Sieg ist auch und vor allem ein Sieg des Populismus.

2. Identitäre Themen überlagern ökonomische und soziale Fragen. Eigentlich sind die Tories für Arbeiter unwählbar. Unter Thatcher wurde das Land deindustrialisiert und dereguliert, weite Teile der Infrastruktur privatisiert. Mit der Folge, dass die Ungleichheit in kaum einem Industrieland so hoch ist (wozu New Labour unter Tony Blair leider auch beigetragen haben). Dass Johnson das ohnehin gerupfte Gesundheitssystem NHS möglicherweise komplett privatisieren will (das er vor dem Brexit-Referendum noch so großzügig ausbauen wollte), spielte im Wahlkampf aber nur eine untergeordnete Rolle. Labour ist mit seinen linken Forderungen bei vielen ihrer Kernwähler nicht durchgedrungen. Der EU-Austritt hat alle anderen Themen überlagert.

3. Aus der Niederlage von Labour lässt sich nicht der Schluss ziehen, dass ein Linkskurs der Sozialdemokratie zwangsläufig scheitern muss. Mit derselben, für UK recht radikalen Politik hatte Jeremy Corbyn bei den Unterhauswahlen vor zwei Jahren noch großen Erfolg. Mit rund 40 Prozent der Stimmen gelang es ihm und seiner links gewendeten Partei, viele junge Wähler und mehrere hunderttausend neue Mitglieder zu gewinnen. Dass er diesmal scheiterte liegt vor allen an drei Gründen: Corbyn hatte keine eindeutige Position zum EU-Austritt (auch weil seine Wählerschaft hier klar gespalten ist), auf der identitären Schiene also kein wirkliches Angebot. Soziale und ökonomische Themen spielten bei dieser Wahl, wie gesagt, keine entscheidende Rolle. Er musste zudem gegen Antisemitismus-Vorwürfe gegenüber seiner Partei ankämpfen - und tat dies nicht entschieden genug. Außerdem ist Corbyn bei weiten Teilen der Bevölkerung eher unbeliebt, obwohl sie seine politischen Forderungen durchaus teilen.

Donnerstag, 12. Dezember 2019

Drei Rap-Alben

1. OG Keemo - Geist (2019)
Der Tod der eigenen Mutter, die Kindheit in der Siedlung, seine Jugend als Krimineller, das Leben als Mensch mit sudanesischen Wurzeln in Deutschland oder Racial Profiling - alles Themen, die auf diesem kompakten, ziemlich düsteren Debütalbum des Rappers OG Keemo verhandelt werden. Die zwingenden Beats dazu liefert Funkvater Frank. Zusammen ergibt das eines der wenigen Platten des Genres Gangstarap, die wirklich etwas zu erzählen haben. Besonders gut gelungen bei "Geist", "Nebel" und "216".


2. Kummer - Kiox (2019)
Aus einer ganz anderen, spezifisch ostdeutschen Perspektive reflektiert Felix Kummer, Frontmann von Kraftklub auf seinem Debütalbum "Kiox" das Großwerden in Chemnitz. Dabei geht es um das Weglaufen vor Nazis, mit denen er heute nur noch Mitleid hat. Um die ersten Anzeichen der Verspießerung, peinliche Familientreffen, viel zu früh gestorbene Wegbegleiter oder die oberflächliche Fixierung auf Outfit, Image, Körper. Am besten funktioniert das (mit Beats von Blvth und den Drunken Masters produzierte Album) bei "9010", "Der Rest meines Lebens" und "Wieviel ist dein Outfit wert".

3. Fatoni - Andorra (2019)
Über die Phase des Erwachsenwerdens ist Fatoni indes als Rapper und Mensch längst hinaus. Er steuert vielmehr direkt auf die Midlife Crisis zu. Denkt, unterlegt von Dexters zeitgemäßen Trap-Beats, darüber nach, was einmal bleiben wird, wie einstige Weggefährten auf Abwege geraten oder fragt sich, was wohl aus dem Junkie im Park wurde, den er aus seiner Jugend kannte. So abgeklärt, reflektiert und selbstkritisch hat der Münchener nie geklungen. Zum Beispiel auf "Alles zieht vorbei", "Nein Nein Nein Nein Nein", "Mitch" (und nicht zu vergessen "Clint Eastwood", wo er sich im Video als "King of Queens" parodiert).

Mittwoch, 11. Dezember 2019

Flüchtige Notizen X: Krise

Grau.
Farblos wie Beton, wie Dreck.
Fahl.
Nichts bringt mehr Licht ins dunkle Sein.
Hart.
Wie Gestein, nur langsam schiebt und drückt es.
Rein.
Lange weit davon entfernt.

Besinnungslos.
Hör ich die Tauben, bin ich selbst bereits?
Nein!
Als Taube fliegte ich schon längst.
Weit weg...
Wohin, das weiß der Wind allein.

Ziele?
Das Sein, Bewegung, Regung.
Ja.
Vielleicht seh ich nur falsch.
Bin.
Höchstens blind, erlahmt und matt.
Vor.
Wohlstand, Essen, Rausch, wer weiß?

Wohin.
Das ist die falsche Frage!
Ins Nichts?
Freiheit gerät ins Stocken...
Leider.
Auf der Leiter, ungebrochen.

Eine Stufe fehlt.

(3/10/2005)

Impressionen No. LVIII: Alltag

 
 Beim Ur-Bär.


 Mühlwiesen.