Dienstag, 30. Juni 2020

Mixtape No. 20: Close to the edge


1. Regulator - Bad brains (1982): Die Bad Brains waren eine der wenigen schwarzen Punkbands - und mit Sicherheit die wichtigste. Als Pioniere des Eastcoast Hardcore mischten sie zwischen den schnellen Punk aber auch Reggae-Stücke. Das Thema von "Regulator" ist immer noch aktuell, auch wenn es mir in der Version auf der "Black Dots" noch etwas besser gefällt.

2. Danny Nedelko - Idles (2018):  Ein Antirassimus-Stück der wunderbaren Idles. "Fear leads to panic / panic leads to pain / Pain leads to anger / anger leads to hate." Word.

3. Rattenlinie Nord - Turbostaat (2020): Auf der Rattenlinie Nord im hohen Norden Deutschlands sind viele Nazis in den letzten Tagen des Dritten Reichs geflüchtet. Karl Dönitz, der in dem Song gesampelt wird, leitete die letzte Reichsregierung. Turbostaat kommen aus der Gegend, an der die Rattenlinie Nord entlangführte. 

4. It was there that I saw you - ...and you will know us by the trail of dead (2002): Trail of Dead gehören zu den Bands, die immer etwas unter meinem Radar flogen. Klar, dass sie irgendwie wichtig sind war mir immer klar, aber ich fand nie einen Zugang. Bis ich kürzlich 18 Jahre nach Erscheinen die wunderbare Platte "Source Tags and Codes" auflegte und zu verstehen begann. Die Band pendelt hier im exakt richtigen Maße zwischen zugänglich und verschroben, dass es so schnell beim Hören nicht langweilig wird.

5. Dream House - Deafheaven (2013): Blackmetal, Postrock und Shoegaze: In und mit diesem Spannungsfeld spielt Deafheaven auf dem Album "Sunbather". Dabei gelingt es ihnen, dass diese Genres nicht nur nebeneinander stehen zu lassen, sondern sie zu einem eigenen Sound zu formen.

6. Slomo - Slowdive (2017): Bei dieser Band ist der Name Programm. Die langsame, gedämpfte Musik mit verschwommenen Lyrics und ätherischem Shoegaze-Sound hat die Band bereits in den Neunzigern relativ erfolglos gespielt. Dass sie nach fast 15 Jahren noch einmal ein Album zustande brachten, das auch noch gut ist, war eine positive Überraschung.

7. Little wing - Neil Young (1975): 35 lange Jahre hat es gedauert, bis "Homegrown" endlich erschien, Neil Young fand die Songs damals zu persönlich, auch weil sie nach einer Trennung entstanden. Die Platte ist von viel Moll und Melancholie geprägt - und sicher die beste, die Young seit langem veröffentlicht hat. "Little Wing" ist wie manche andere Songs bereits auf einem anderen Album erschienen. Im Kontext von "Homegrown" ist er aber am besten aufgehoben.

8. Blue red and grey - The Who (1975): Wenn Pete Townshend hier die Ukulele auspackt und davon singt, dass er alle Zeiten des Tages mag, dann spielt er für uns, auch wenn es zunächst so scheinen mag, kein Gute-Laune-Lied. Der Kopf der britischen Rockband "The Who" litt zu dieser Zeit unter Depressionen. Und so ist es auch eher ironisch zu verstehen, wenn er singt "I get a buzz from being cold an wet".

9. Right around the clock - Sorry (2019): Auf ihrem Debüt "925" vermischt die Band "Sorry" Indie, R'n'B und Elektro zu einem eingängigen, bisweilen aber auch widerborstigen Mix. So gut kann Britpop klingen.

10. Spanish joint - D'Angelo (2000): Ist das noch Soul oder bereits Jazz? Jedenfalls ist es ziemlich gut, was D'Angelo hier auf dem besten Stück seiner Platte "Voodoo" macht. Die war damals so gut, dass er vierzehn Jahre benötigte für "Black Messiah", das (noch ein kleines Stück bessere) Nachfolgealbum.

11. Skin I'm in - Sly and the Family Stone (1973): "Fresh" war das letzte richtig gute Album, auf dem Sly & The Family Stone noch einmal ihr Können zeigten. Es war aber auch schon geprägt von dem Wissen um das Scheitern der Bürgerrechtsbewegung in den USA, zu der sich diese Band - der Männer und Frauen, Schwarze wie Weiße selbstverständlich angehörten - zählte. Wie wenig in Wirklichkeit erreicht wurde, das zeigt sich heute wieder ziemlich deutlich.

12. Happens to the heart - Leonard Cohen (2019): Posthume Veröffentlichungen sind immer eine heikle Sache. Zu groß ist die Gefahr, dass nur Profit aus Material gezogen werden soll, das der Künstler selbst nie veröffentlicht hätte. Bei "Thanks for the dance" von Leonard Cohen ist das anders. Sein Sohn Adam hat sich um diese Aufnahmen gekümmert, die ähnlich intim geworden sind wie auf seinem letzten Album "You want it darker". Sie sind sogar noch ein Stück entrückter geraten. "Happens to the heart" ist eines der besten davon.

13. The wild rover - Lankum (2019). Lankum spielen Irish Folk. Doch sie spielen diesen Folk so, dass die Stimmen und Instrumente anders klingen als in den klassischen Formationen. Wie sie hier Irlands wohl bekanntestes Trinklied zu einem traurigen Klagelied machen und am Ende auch noch postrockig dröhnen lassen, das gefällt mir sehr. 

14. Close to the edge - Yes (1972): Gründe, diese Band (und den Prog-Rock im Allgemeinen) zu hassen, gibt es viele: der Bombast, das prätentiöse Gebaren, die Technikorgien, die Titel mit Überlänge und Unterteilungen in Parts wie bei der klassischen Musik (und auch bei diesem Stück). Das zu hassen ist legitim. Es gibt aber auch viele gute Gründe, das nicht zu tun: die Spielfreude, die technische Klasse, der Ideenreichtum dieser, die in diesem Stück kulminiert. Das zu lieben ist ebenso legitim.

Hier ist die Playlist bei Spotify zu hören - und hier die Youtube-Playlist.