Mittwoch, 30. Dezember 2009

Montag, 28. Dezember 2009

Flüchtige Notizen I

26. Juni 2001:

Handke. Das Bewusstsein des Gemeinschaftsgefühls und der Verantwortung „für’s eigene Land“ waren Kennzeichen des Faschismus wie des (real existierenden) Sozialismus. In einer Demokratie sterben jene Motive nach kurzer Zeit mangels klarer Identifikationsmöglichkeiten aus. Das ganze Leben wird kategorisiert – man existiert nicht mehr als Ich – alles sind Typen und Temperamente (oder Rassen). Man fühlt sich trotzdem frei, weil man, in diesem Schema einmal zurechtgefunden, Verantwortung von sich schieben kann:„Er ist halt ein verzogener Bauernlümmel“. Das Leben wird oberflächlich und langweilig, aber auch sicher und beherrschbar. Heimat? Apres-Skis die heutigen Dorffeste? Plötzlich ist man fast klassenlos, fühlt sich stark, Hauptsache man ist gesellig…

Nochmals Handke: „Das beweist nichts; ist jeder Beweiskraft entzogen durch das Vorteile-Nachteile-Denken, das böseste der Lebensprinzipien (…) - als Nachteil, der wiederum nichts als eine notwendige Eigenheit jedes Vorteils ist (…) Die Vorteile waren in der Regel nur mangelnde Nachteile: (…) kein Getrenntsein vom Haus und von den Kindern. Die tatsächlichen Nachteile wurden also durch die fehlenden aufgehoben (…); vor Mitgefühl für den anderen von ihr getrennten, fühlte sie sich selber nie einsam.“

Peter Handke - Wunschloses Unglück (1974)

Samstag, 26. Dezember 2009

Vergängliche Kunst

Was Ksenya Simonova hier mit ein wenig Vulkansand entstehen lässt ist mehr als beachtlich. Doch seht selbst:


Montag, 7. Dezember 2009

Rudi Dutschke im Gespräch mit Günter Gaus

Politische Diskussionen im Fernsehen? Zum Wegschalten! Statt über Themen wird über Personen, statt über Positionen wird über Zugehörigkeiten gestritten, nein, polemisiert. Dass auch zwischen politisch weit auseinanderliegenden Positionen ein sachliches Fernsehgespräch möglich ist, zeigt dieses gut vierzig Jahre alte Interview zwischen Günter Gaus - einem der besten Journalisten Deutschlands, Chefredakteur des Spiegels von 1969 und 1973, erster Ständiger Vertreter der Bundesrepublik in der DDR und Wegbereiter der Entspannungspolitik, nach der Wende und bis zu seinem Tod Herausgeber des Freitag - und Rudi Dutschke, intellektuellem Kopf und Sprachrohr der revolutionären Studentenschaft.

Auch wenn vieles heutzutage etwas antiquiert klingen mag, und manchem schlauen linken Studenten Widersprüche in der Argumentation Dutschkes hätten auffallen müssen, so wird dem geneigten Zuschauer im Laufe des Gesprächs doch auch die Faszination dieser Person (gerade für Studenten) und der gegen ihn entstandene Hass (in großen Teilen der Bevölkerung) verständlicher. Sprache und Duktus bleiben stets akademisch, und Dutschke hat sichtlich Freude daran, seine Positionen vor einem intellektuell ebenbürtigen Gesprächspartner zu verteidigen. Seine Sätze sind meistens druckreif, oft verschachtelt und voller marxistischer Termini, welche seine Gedanken sehr elaboriert, aber wenig verständlich erscheinen lassen.

Und wenn er sich noch so sehr von Lenin, Stalin und dem ganzen Staatsozialismus abzugrenzen versucht, so benötigt er doch für seine Utopie eine Avantgarde, die intellektuell fähig und bereit ist, ihn zu verstehen und ihm zu folgen. Auf die kritischen, völlig berechtigten Fragen von Gaus, gibt er keine praktisch politischen, sondern philosophisch analytische Antworten. Er ist sich der Gefahren seiner Utopie durchaus bewusst - Dutschke war beleibe kein verblendeter, orthodoxer Marxist, was sein klares Bekenntnis zum Christentum verdeutlicht - blieb aber letztlich doch gefangen in einem Denksystem, das die Realität von der Philosophie und nicht umgekehrt die Philosophie von der Realität aus betrachtet.

Mittwoch, 2. Dezember 2009

Der junge Tom Waits...

...hatte schon ein erstaunlich gut entwickeltes Konzept seiner Künstlerfigur - und gehört bis heute zu den wenigen Musikern, die trotz Erfolg immer selbstbestimmt blieben, sich nicht an gängige Hörgewohnheiten anpassten, sondern sich von ihnen entfernten und einen sehr eigen(willig)en Stil entwickelten und es dabei nie an Humor und Selbstironie mangeln ließen.