Samstag, 25. September 2010

Deutschland schafft sich ab.


„In diesem vollgefressnen Land, da wird die Dummheit ewig siegen" (Boxhamsters)
Deutschland schafft sich ab. Sarrazin hat Recht! Dieses Land blutet intellektuell aus – und er ist das beste Beispiel dafür. Selten wurde eine gesellschaftliche Konfliktlinie so deutlich wie bei der unsäglichen Debatte um Sarrazins Bestseller. Wer dachte, die neoliberale Ideologie hätte sich durch die Finanzkrise selbst widerlegt, der irrt. Sie ist lebendiger und akzeptierter denn je.
Sarrazin muss aus der SPD ausgeschlossen werden! Gabriel hat Recht. Denn wer das Buch tatsächlich gelesen hat, wird sehr schnell feststellen, worum es bei der Debatte eigentlich geht: der alte konservative Wohlfahrtsstaat soll abgeschafft werden. Ein großer Teil der Bevölkerung ist nicht mehr bereit zur Solidarität. Die Diskussion um angebliche und tatsächliche Integrationsprobleme von Migranten verdeckt, worauf die Argumentation Sarrazins eigentlich basiert: auf dem Glauben an die Gerechtigkeit der Ungleichheitsverhältnisse in diesem Lande. Wer unten ist, gehöre auch dahin und gefälligst nicht respektiert! Und wer oben ist, verdiene Anerkennung, Wohlstand und selbstverständlich einen privilegierten Lebenswandel. Das wird man doch wohl noch sagen dürfen…
Wenn Sarrazin wirklich nur ausgesprochen hat, was die schweigende Mehrheit schon immer dachte, dann ist es auch wenig verwunderlich, dass Parallelgesellschaften von unten und oben immer offener zutage treten. Der Deutsche möchte unter sich sein und zeigt wenig Verständnis für die Probleme anderer. Dass die Volksparteien im Auflösungszustand befinden, liegt mit Sicherheit auch daran, dass die Gesellschaft sich aufspaltet in Interessengruppen, in Subkulturen, die selbstreferentiell bleiben und nur oberflächlich am Kontakt zu anderen Gruppen interessiert sind. Die „Elite“ bleibt unter sich, genauso wie die Unterschicht. Und wie sollte auch Verständnis füreinander aufkommen, wo man sich in der Realität kaum begegnet?
Deutschland hat ein Bildungsproblem, auch wenn Sarrazin das konsequent leugnet. Bildung wird gerne in Sonntagsreden beschworen, aber die Realität zeichnet ein anderes Bild. Selektion, Zuordnung und gesellschaftliche Schichtung waren schon immer die zentralen Ziele dieses einstigen preußischen Ständesystems. Und wer auch nur einen oberflächlichen Blick auf die Entwicklungen an unseren Gymnasien und Universitäten wagt, der muss erkennen, dass ökonomische Effizienz und nicht solidarisches Miteinander und ethisch-moralische Erwägungen unsere Bildungsanstalten dominieren.

Doch wer mag es den Migranten verdenken, dass sie sich in dieser Kultur nicht angenommen fühlen, wo nicht einmal die Alteingesessenen dieses Land zu lieben imstande sind? Eine Kultur, die ihre Grundwerte aus einer historischen Schuld ableitet und jede Herausforderung als Krise, jede Veränderung als Problem, jeden Optimismus als Naivität versteht, eine Kultur, die ihre Untergangspropheten feiert und ihre Visionäre bekämpft, braucht sich nicht zu wundern, wenn sie die Menschen desillusioniert.

Und wer glaubt, dass Deutschland ein Unterschichten-/Integration-/Hartz-IV-Problem hat und es als dringlichste Aufgabe sieht, die Unterprivilegierten dieser Nation in periodischen Abständen wahlweise als unnütz/faul/dumm/antriebslos/kriminell/unsolidarisch zu diffamieren, der soll sich doch bitte fragen, in welcher Gesellschaft er leben möchte! Die großen Krisen der letzten Jahre wurden jedenfalls von ganz anderen, privilegierten und akzeptierten gesellschaftlichen Gruppen verursacht…

Wie viel Wert jedenfalls unsere Bundesregierung diesen Menschen beimisst, zeigen nicht nur die Debatten der letzten Monate, sondern auch die Sparpläne der Bundesregierungen, die nicht nur Arbeitslose massiv betreffen (als politisches Subjekt sind diese ohnehin nicht mehr relevant), sondern auch die enorm wichtigen und völlig überlaufenen Integrationskurse betreffen und in ihrem Fundament bedrohen. Selbst die FAZ musste heute feststellen, dass die Regierungspolitik hier wohl unter einem eklatanten Widerspruch zwischen Rhetorik und Realität leidet. Auch das Dossier der ZEIT vom 16.9.2010 dokumentiert, wie fahrlässig dieses Land mit den intellektuellen Ressourcen seiner Migranten umgeht und straft all jene Lügen, die immer noch an die Mär vom Recht auf Asyl in Deutschland glauben.
Deutschland schafft sich ab. Und wir schauen nur zu…

Donnerstag, 23. September 2010

Bis neulich

Bis neulich, die aktuelleste Version des Programms von Volker Pispers, des wohl bestinformiertesten, sachlichsten und gerade daher gnadenlosesten politischen Kabarettisten dieser Republik, gibt gab es bis vor kurzem komplett (insgesamt mehr als zwei Stunden) bei Youtube zu sehen. Hier ist war der erste Teil als Anreiz für alle, sich einmal genauer vertraut zu machen mit dieser mehr als beachtlichen Persönlichkeit. Alternativ hier die aktuellste Version des Programms aus dem Radio bzw. das immer noch verfügbare alte Programm.

Mittwoch, 22. September 2010

Spiel nicht mit den Schmuddelkindern

Zur Entstehungsgeschichte des guten alten Schmuddelkinderlieds (1965) von Franz-Josef Degenhardt:




Samstag, 11. September 2010

Propaganda der Ungleichheit

Ein sehr kluger Artikel aus den Blättern für deutsche und internationale Politik zu der ganzen Kontroverse um Sarrazin, der, auch wenn er schon im Dezember letzten Jahres erschien und sich auf die damaligen Äußerungen bezog, den Kern der Problematik recht gut herausarbeitet:

Albrecht von Lucke - Propaganda der Ungleichheit

Impressionen VIII



Dienstag, 7. September 2010

Quartiermeister

Unbedingt unterstützenswert ist diese grandiose Idee: Quartiermeister - ein Non-Profit Bier aus dem Kiez für den Kiez. Eine Initiative von Sebastian Jacob, die dank der Süddeutschen auch schon eine gewisse Bekanntheit erlangt hat. Wer das unterstützen möchte kann dies gerne hier tun: Gründerwettbewerb Kopf schlägt Kapital 2010

Auf einem Weg



Auf einem Weg, den steinig zu beschreiben jedweder Beschreibung spottet, umfangen mich Gerüche, die meine umherschweifenden Gedankengänge jäh zersetzen.

An einem Ort, der leer und ohne Hoffnung darbt, dessen kahle, staubtrockene Seele Hunger leidet, möchte ich schreien, doch meine Stimme findet keinen Ausdruck.

An dieser Stelle, die einst voller Träume, voller Hoffnung und Vision, doch fern von Vernunft, hier bleibt Bewegung aus und mir nichts anderes übrig als zu fliehen.

Unter all den Enttäuschungen, die uns des Glaubens und des Muts beraubten, liegen Trümmer, die zu bergen niemand wagt, ob viel zu vieler Zweifel, die wir leiden...

Samstag, 4. September 2010

Flüchtige Notizen II

Bild: D-Day von D.B. (2002)

4/7/2002:

Die Schablone einer Welt, aufgebaut durch Geometrie, Verstand und Expressivität, verblasst, wenn die Realität in existenzialistischer Art und Weise hervortritt. Wie dunkel und fragmentarisch die Realität doch erscheint, und wie gleichzeitig vergleichsweise durchsichtig und
hell die Schablone.

Der Weg in der Mitte ist der Todesmarsch: links und rechts des Weges das "Guten, Wahren und Schönen", rechterhand das mathematisch Fassbare, das keine Farben benötigt. Linkerhand das Sinnliche, das farbenfrohe, aber giftig-unecht-gelbe Auge des Meisters. Geradewegs aber befindet sich nur der Tod, die blanke Realität, mit den Sinnen nur schwer bis überhaupt nicht fassbar, und dem Mathematisch-Analytischen gänzlich verschlossen.

Hier offenbart sich die Tragödie des amerikanischen Volkes (dessen Schablone, nebenbei gesagt, an solch einem Tag besonders überdimensioniert erscheint) besonders deutlich, der jeglicher Blick auf den schimmrigen, dreckigen Mist von Wirklichkeit gänzlich aberzogen wurde. (Hiermit würde sich das Auge als hypnotisches Zentrum der Lachleute, Nettmenschen, aber auch Konzeptkünstler und sonstigem Müll erklären lassen.)

Die amerikanische Gesellschaft jedoch ist tief gespalten. Wer einem der beiden Gipfel nah ist, befindet sich im Gipfelrausch, nahe am Schwachsinn. Links Utopia und rechts Mathematica. Wer auf der Ebene steht, steht im Dreck, ist weder erhaben noch glücklich im menschlich-degenerierten Sinne, sondern kennt nur ein Ziel: das Joch der Unkenntnis und die tiefen Weiten der Hölle - unserer Wirklichkeit.