Montag, 28. Januar 2008

Die LINKE ist angekommen.

Seit gestern ist klar: mittelfristig kommt in Deutschland politisch keiner mehr an dieser Partei vorbei. Dass Koch in Hessen mit ziemlicher Sicherheit sein Amt als Ministerpräsident verloren hat, ist (neben seiner eigenen politischen Instinktlosigkeit) vor allem dem Einzug der LINKEN zu verdanken. Das politische Patt allerdings ebenso – und das nicht nur in den Ländern. Schließlich verdanken wir die Große Koalition im Bund genau der selben, kleinen, unbeliebten Partei, mit der momentan noch kaum einer spielen will. Dass diese ach so kleine Partei inzwischen Deutschlands drittstärkste politische Kraft ist (zumindest was Kommunal-, Landtags-, Bundestags- und Europamandate anbelangt) wurde dabei von den meisten Journalisten geflissentlich übersehen.

Wohin der Weg dieses reichlich heterogenen Sammelbeckens zukünftig gehen soll, ist jedoch alles andere klar. Momentan fungiert sie (gerade im Westen) hauptsächlich als Protestpartei, weshalb sie trotz äußerst schwacher Wahlkämpfe in Hessen wie in Niedersachsen in den Landtag einziehen wird. Sie profitiert immer noch in hohem Maße von der verlorenen Glaubwürdigkeit der Sozialdemokratie und ihrer generell eher schwachen Aufstellung. Um allerdings langfristig überlebensfähig zu sein, muss sie sich auch in der Regierungsverantwortung beweisen, wozu sie kompetentes Personal und ein ausgearbeitetes Programm benötigt. An beidem mangelt es der Partei noch, wie sich die Partei entwickelt ist alles andere als absehbar. Denn noch wird diese äußerst heterogene Vereinigung zusammengehalten von den beständigen Wahlerfolgen. Nur in zwei Bundesländern musste sie seit 2005 mit Verlusten rechnen, und das waren eben jene, in denen sie grauen Regierungsalltag zu bewältigen hatten. Zugang zur Macht ist für die LINKE deshalb eine äußerst zwiespältige Angelegenheit, an der sie allerdings nicht vorbeikommt, will sie als Partei langfristig überleben.

Zunächst freilich kann sie sich noch gemütlich zurücklehnen, die Verwirrung genießen, die sie bei den anderen Parteien ausgelöst hat dabei zusehen, wie diese auf die veränderte Situation in einem 5-Parteien-System reagieren. Spätestens im April allerdings, wenn sich die neuen Landtage konstituieren (und ein recht sicherer Einzug in die Hamburger Bürgerschaft gelungen ist), wird es Zeit sich zu bewähren – wir dürfen gespannt sein…


...einen recht guten Artikel von Joachim Raschke über die veränderten Bedingungen in einem 5-Parteien-System, die Immobilität und die strukturelle Schwäche der deutschen Partei gibt es hier zu lesen.

Dienstag, 15. Januar 2008

Spiel nicht mit den Schmuddelkindern!


Die Politik braucht Feindbilder, auch und gerade in Zeiten des Wahlkampfes. Und einen solchen führt Deutschlands „brutalstmöglicher Aufklärer“ gerade, wie schon anno 1999 setzt er dabei auf die Anti-Ausländerkarte. Schwer zu vergessen, jene Unterschriftenaktion, die Koch erst an die Macht brachte („Wo kann man hier gegen Ausländer unterschreiben?“), eine selten basisdemokratische Aktion einer ansonsten dem politischen Verstand des gemeinen Bürgers eher skeptischen gegenüberstehenden Partei.

Und nun? Die Geschichte ist bekannt, alle möglichen falschen und manch richtige Diskussion inzwischen geführt. Wie falsch der wiederholte Lügner Koch, dessen Rolle im CDU-Spendenskandal äußerst kritisch zu betrachten ist, mit seinen knackigen Thesen liegt und in welche Widersprüche er sich dabei angesichts einer mehr als trüben Bilanz in seinem eigenen Bundesland verstrickt, zeigen die Reaktionen der Experten dieser Republik. Wie sehr er mit seiner Konfrontation ein bisher leider weitgehend ignoriertes Problem ins Blickfeld rückte, die Leserbriefspalten der einschlägigen Tageszeitungen.

Ein gutes hat jene aus erschreckend nichtigem Anlass verübte Gewalttat in München und die darauf folgende Empörung allerdings: in Deutschland wird endlich wieder diskutiert. Dass dabei leider oft die schrillen, populistischen Stimmen die nachdenklichen übertönen, haben solche öffentlichen Diskurse an sich. Aber in der Mehrzahl wird nachgedacht, vernünftige Konzepte gesucht, die Gesetzeslage betrachtet, Möglichkeiten ausgelotet, kurz: lebendige Demokratie praktiziert. Zudem offenbart jene Diskussion die Sollbruchstellen in der Großen Koalition, die in den letzten zwei Jahren in einer schier unerträglichen Konsenssuppe zu ertrinken drohte, wie keine andere zuvor.

So viel zum Positiven. Das Negative ist ungleich offensichtlicher, denn die Scharfmacher schüren eine gefährliche Stimmung in diesem Lande, deren Grundkonsens spätestens seit der Wiedervereinigung an allen Ecken und Enden allmählich ausfranst. Die (realen und wahrgenommenen) sozialen Ungleichheiten verstärken sich, Solidarität ist für viele mehr als ein Fremdwort, verschiedenste Wertsysteme stehen sich zunehmend unvereinbar gegenüber. All das sind keine auf Deutschland beschränkten Phänomene, aber Deutschland scheint besonders unvorbereitet auf diesen sozialen Wandel.

Politik wie Bürger sind überfordert, wo früher ein gemächliches, aber alles in allem doch relativ effektives Konsenssystem waltete, scheint sich die Politik heute zumeist nur selbst zu blockieren. Ohne große Konzepte, Visionen und einen Blick für das langfristig Notwendige, regiert der inhalts- und orientierungslose Pragmatismus. Goldene Zeiten für Menschen mit einfachen Antworten – gleichgültig, ob sie Koch, Lafontaine oder Pastörs heißen. Und so hat Deutschland mit dem neuen Jahr auch seine neuen Schmuddelkinder: die Fremden im eigenen Lande, mit oder ohne deutschen Pass. Was vor wenigen Wochen noch höchstens seinen Weg in die Kommentare der Jungen Freiheit gefunden hätte, liest sich inzwischen täglich in der FAZ.

In gewisser Weise ist auch das wieder gut, denn Deutschland ist endgültig aus seinem multikulturellen Dornröschenschlaf erwacht. In einem Lande, das so viele verschiedene Kulturen beherbergt wie die heutige Bundesrepublik, regeln sich die Konflikte nicht durch ignorante Toleranz. Gerade die Politik muss den Konflikten offen und konstruktiv begegnen. Das stillschweigende Nebeneinander, das die Menschen (egal welcher Herkunft und Nationalität) einander zunehmend entfremdet, muss zu einem lebendigen Miteinander werden. Konflikte sind dabei vorprogrammiert, wie in jeder zwischenmenschlichen Beziehung, aber so werden sie frühzeitig wahrgenommen – und nicht erst, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist.

Die Menschen in diesem Lande sind einander fremd geworden, weshalb allzu oft aneinander vorbei geredet wird. Das zieht sich durch alle Schichten, Religionen, Altersgruppen und Nationalitäten. Wir brauchen eine lebendige Diskussion über die Zukunft dieses Landes. Mit den Schmuddelkindern, nicht (nur) über und gegen sie…

Freitag, 11. Januar 2008

Lebenslauf

Lebenslauf (Hölderlin)

Größers wolltest auch du,
aber die Liebe zwingt
All uns nieder, das Leid beuget gewaltiger,
Doch es kehret umsonst nicht

Unser Bogen, woher er kommt.
Aufwärts oder hinab! herrschet in heilger Nacht,
Wo die stumme Natur werdende Tage sinnt,
Herrscht im schiefesten Orkus
Nicht ein Grades, ein Recht noch auch?

Dies erfuhr ich. Denn nie, sterblichen Meistern gleich,
Habt ihr Himmlischen, ihr Alleserhaltenden,
Daß ich wüßte, mit Vorsicht
Mich des ebenen Pfads geführt.

Alles prüfe der Mensch, sagen die Himmlischen,
Daß er, kräftig genährt, danken für Alles lern',
Und verstehe die Freiheit,
Aufzubrechen, wohin er will.