Freitag, 10. November 2006

Das Wunder der Systemfunktion


In was für einer Gesellschaft leben wir eigentlich? Und in welcher würden wir gerne leben? Diese Fragen sind mir in letzter Zeit oft durch den Kopf gegangen. Angesichts der zunehmenden gesellschaftlichen Fragmentierung ist es an der Zeit, sich ernsthaft darüber Gedanken zu machen, in welche Richtung unsere Gesellschaft driftet. Und allzu gutes gibt es da nicht zu konstatieren. Ohne in mein übliches NPD-Lamento zu verfallen: es gibt ein gewaltiges rechtsextremes Potenzial in dieser Republik. Da stimmen laut einer aktuellen Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung ganze 15,2 Prozent der Aussage „Wir sollten einen starken Führer haben, der … mit starker Hand regiert“ zu und gute 37 Prozent sind der Meinung „Die Ausländer kommen nur hierher, um unseren Sozialstaat auszunutzen“. Und immerhin noch 10,1 Prozent sind der Überzeugung, es gäbe „wertvolles und unwertes Leben“. Auf der anderen Seite nun befürworteten es in der ersten großen Studie zu Islam und Gewalt in Deutschland Ende der 90er Jahre 24,3 % der türkischstämmigen Jugendlichen, „andere Menschen zu erniedrigen, wenn es der islamischen Gemeinschaft dient.“ Und weitere 24,2% der Befragten stimmten der folgenden Aussage zu: „Wenn jemand gegen den Islam kämpft, muß man ihn töten.“
Wie schaffen wir es also bloß jeden Tag aufs Neue, dieses Land und die Menschen, die in ihm leben, zusammenzuhalten? Wie kann es sein, dass wir nicht schon längst auf einen Bürgerkriegszustand hinsteuern? Oder tun wir das etwa und verschließen wir davor willentlich die Augen? Wir sind eine pluralistische Gesellschaft, in der jeder mit seinen Ansichten, sofern sie nicht menschenverachtend sind, Platz findet. Solange die Demokratie noch integrationsfähig ist, kann sie auch mit den (wie im obigen Bild ersichtlich geistesverwandten) extremistischen Positionen leben. Aber was passiert, wenn laut aktuellem ARD-Deutschland-Barometer 51 % der Bevölkerung nicht mehr so recht an die Funktionsfähigkeit des Systems glauben möchte und zwei Drittel schon der Überzeugung sind, in diesem Lande herrschten ungerechte Verhältnisse? Vielleicht ist es an der Zeit, die Verhältnisse wieder ein wenig zum Tanzen zu bringen…

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