Freitag, 20. April 2018

Täter in Uniform

Bei der Einhaltung der Menschenrechte ist Deutschland keineswegs in allen Bereichen der Klassenprimus, für den er sich gerne hält. Besonders deutlich zeigt sich das am Umgang der Justiz mit Tätern in Uniform.

"Die Würde des Menschen ist unantastbar", heißt es im Grundgesetz. Nicht selten sind es aber gerade staatliche Exekutivorgane, die gegen dieses oberste Grundrecht verstoßen.

Wenn etwa Polizisten mit dem Knüppel gegen unbescholtene Bürger vorgehen, diese in den Zellen misshandeln, rassistisch beleidigen und es bisweilen sogar zu Mord und Totschlag im Dienst kommt.

Dass auch hierzulande Menschenrechte im wahrsten Sinne des Wortes mit Füßen getreten werden, hat nicht zuletzt der UN-Menschenrechtsrat wiederholt festgestellt - und dafür als Beispiel den Umgang mit der NSU-Mordserie angeführt.

An wen wenden bei Polizeigewalt?

Wer Polizisten zum Opfer fällt, hat ein großes Problem: An wen soll er sich mit seiner Anzeige wenden? Die Polizei? Wohl kaum. Weshalb viele Opfer die Taten einfach hinnehmen, die Dunkelziffer also sehr hoch sein dürfte.

Wer diesen Schritt dennoch wagt, hat es in Deutschland vor Gericht schwer. Polizeibeamte werden nur in den seltsten Fällen für Körperverletzungen im Amt verurteilt. Wenn Aussage gegen Aussage steht, gilt das Wort eines Staatsdieners in der Regel als glaubhafter.

Dafür erhalten die Opfer in der Regel umgehend eine Gegenanzeige, in der ihnen Widerstand gegen die Staatsgewalt, Körperverletzung oder Beleidigung vorgeworfen wird. Was vor deutschen Gerichten deutlich häufiger zu einer Verurteilung führt als Anzeigen gegen Polizisten. So können staatliche Opfer in unserem Rechtsstaat schnell zu Tätern werden.

Amnesty fordert unabhängige Anlaufstelle

Obwohl Amnesty International schon lange eine unabhängige Anlaufstelle für die Opfer fordert (damit dieses sich nicht an die Polizei wenden müssen), gibt es diese bislang in keinem einzigen Bundesland. Auch die Bundesregierung sieht hier nach wie vor keinen Handlungsbedarf. Statt struktureller Polizeigewalt sieht diese nur bedauerliche Einzelfälle.

Dass es in Deutschland durchaus ein strukturelles Problem gibt, verdeutlicht das SWR2-Radiofeature "Täter in Uniform - Polizeigewalt in Deutschland". Dem Zuhörer geht es dabei ähnlich wie den im Beitrag erwähnten Opfern: Er ist geneigt, ein bisschen den Glauben an diesen Rechtsstaat zu verlieren.

(Von dem dürfte - zumindest in Bayern - demnächst nicht mehr allzu viel übrig bleiben, wenn das, so Heribert Prantl "schärfste, umfassendste, grundrechtsverbrauchendste Polizeigesetz der bundesdeutschen Nachkriegsgeschichte" tatsächlich verabschiedet werden sollte.)

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