Donnerstag, 3. Oktober 2019

Weshalb wir China brauchen

Die Volksrepublik China hat Anfang der Woche ihr 70-jähriges Bestehen gefeiert - mit einer riesigen Militärparade und einer perfekt choreografierten Inszenierung der Stärke am Platz des Himmlischen Friedens. Gleichzeitig gingen in Hongkong wieder Hunderttausende auf die Straße.

Die Presse zum Jubiläum war im Westen entsprechend negativ. Drei Beispiele: Die New York Times etwa stellte nüchtern die Bilder von Beijing und Hongkong als Videos direkt nebeneinander, die Süddeutsche schrieb einen Abgesang auf das moderne China und seine Widersprüche. Und die Zeit erzählte die letzten 70 Jahre in China als Gruselgeschichte mit wenigen lichten Momenten.

Gründe, die Volksrepublik kritisch zu sehen gibt es genug: Maos verfehlter Sprung nach vorne mit seinen vielen Hungertoten, die Kulturrevolution mit ihrer Zerstörung und Selbstjustiz, die niedergeschlagene Demokratiebewegung 89, heute die Umerziehungspolitik in Xinjiang oder die zunehmend allgegenwärtige Überwachung oder den Mangel an Meinungsfreiheit. Und das vor dem Hintergrund, dass wir es hier obendrein mit der künftigen globalen Hegemonialmacht zu tun haben.

Dabei wird gerne übersehen, was dieses Land, vor allem in den letzten 40 Jahren, vollbracht hat. Was ihm gelang, wo die Weichen richtig gestellt wurden. Vor allem aber, welch große weltgeschichtliche Leistung es war, 800 Millionen Menschen von Armut und Hunger zu befreien. Mit gutem Grund bezeichnete die New York einmal die Volksrepublik als das "land that failed to fail".

Christian Y. Schmidt hat anlässlich des Jubiläums noch ein paar Gründe mehr gefunden, „warum die Welt China braucht“. Dass der Text in einem Verlautbarungsorgan der KP erschien, soll hier nicht unerwähnt bleiben. Lesenswert ist er aber allemal.

Nachtrag: Es mag aus westlicher Perspektive verblüffen, doch die allermeisten Chinesen finden, dass ihre Regierung eine gute Arbeit macht. Weshalb das so ist, erklärt diese Analyse recht gut.

Nachtrag II: Weshalb sich die Volksrepublik gerade dennoch auf einem politischen Kurs befindet, der problematisch ist, weil er von historischen Vorbildern abweichend auf Nationalismus statt der Toleranz von Diversität setzt, legt James A. Millward, Professor und Autor von "Eurasian Crossroads: A history of Xinjiang" hier dar.

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