Freitag, 5. Oktober 2007

High Fidelity Teil 3: Elliott Smith




Teil III meiner nerdigen Audiophilen-Kategorie ist einem meiner liebsten Songwriter gewidmet, der auch schon in der Kategorie “Meister der Melancholie” gewürdigt wurde. In den etwa zehn Jahren seines musikalischen Schaffens als Solokünstler hinterließ er nicht nur sechs reguläre Studioalben (incl. des posthumen „From a basement on the hill“, kurz: FABOTH), sondern auch eine ganze Reihe unveröffentlichter Songs, von denen eine Reihe auf dem kürzlich erschienenen „New Moon“ versammelt sind. Smiths musikalische Entwicklung führte von den ersten beiden sehr reduzierten Akustikalben über die deutlich lauteren und ausgefeilteren mittleren Werke hin zum leicht psychedelischen und am schwersten zugänglichen „From a basement on the hill“. Dabei schuf Elliott (der unter nicht ganz geklärten Umständen vor vier Jahren mehreren Messerstichen erlag – wahrscheinlich war es Selbstmord) eine ganze Reihe von lyrischen wie musikalischen Meisterwerken, deshalb hier der Versuch, eine Rangliste seiner Studioalben zu erstellen:

6. Roman Candle (1994): Das Debütalbum lasst schon vieles erahnen, ist aber insgesamt noch sehr zurückhaltend. Dennoch versprühen die lediglich neun Lieder einen eigenen Charme, der vielen Erstlingswerken innewohnt. Deutlich erkennbar ist dies noch ein Soloalbum des Heatmiser-Sängers, der Songwriter Smith ist noch auf der Suche…

5. Figure Eight (2000): Für viele sein bestes, weil vielleicht am leichtesten zugängliches, für mich ein solides, aber mit wenigen wirklich bewegenden Liedern versehenes Album. Son of Sam, Somebody that I used to know, Everything reminds me of her, I better be quiet now und Can’t make a sound überzeugen, der Rest ist gut, aber eine Spur zu rockig und beinahe Beach-Boys-mäßig insziniert.

4. From a basement on the hill (2004): Das posthum erschienene Werk wirkt nicht nur beim ersten Hören schwierig, etwas unzugänglich und stellenweise zerfahren. Deutlich spürbar ist die Verzweiflung, welche Elliott letztlich in den Selbstmord trieb und den Perfektionisten sein Werk nicht mehr zu Ende führen ließ. FABOTH ist sein pompösestes, komplexestes, am schwersten verdaulichstes Werk, klingt psychedelisch, von einigen Ausnahmen abgesehen laut und gipfelt im programmatischen „A distorted reality is now a necessity to be free“, Elliotts letztem Song.

3. Either/Or (1997): erweitert das Repertoire des vorherigen Werks dezent, bildet den Abschluss der frühen, akustischen Phase, deutet stellenweise schon an, wohin der musikalischen Weg noch führen sollte und beinhaltet das vielleicht beste Lied, das er je auf eine Platte pressen ließ: Angeles.

2. XO (1998): XO ist eine Art Übergangsplatte und vereint den akustischen wie den rockigen Smith und schafft es, beide zu etwas Gesundem, Rundem und sehr Ansprechendem zu formen. Was bei Figure Eight zu sehr ins rockige abdriftet und bei FABOTH völlig im kreativen Chaos endet, fügt sich hier organisch zu einem logischen und schnell erschließbaren Ganzen.

1. Elliott Smith (1995): Klang das Debüt noch unsicher und suchend, so wirkt sein Zweitlingswerk leicht, souverän und schlüssig. Vom ersten bis zum letzten Lied ist hier alles vorhanden, was eine gute, melancholische Akustikplatte benötigt. Die ruhige Atmosphäre und die eindringlichen, melancholischen (oft nur mit einer leisen Gitarre vorgetragenen) Lieder gehören zum Besten, Reduziertesten, was die Songwritergilde an akustischen Alben zu bieten hat und reiht sich locker in eine Reihe ein mit Nick Drakes „Pink Moon“ oder Bob Dylans „The freewheelin“.

Zu guter letzt allerdings noch ein paar Wort zu Relativierung: seine Musik und vor allem seine Texte sind so ergiebig und langlebig, dass solche Ranglisten nie mehr als Momentaufnahmen bleiben werden. Jedes einzelne Werk hat seinen eigenen Reiz und jedes einzelne ist so speziell (Elliott hat sich nie wirklich wiederholt), dass sie immer wieder aufs Neue entdeckt werden können…


P.S. Die dazugehörigen Texte findet der geneigte Hörer auf der Fanseite www.elliottsmith.de

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