Die ZEIT unternimmt seit Anfang des Jahres den ehrenhaften Versuch einer Wiederbelebung politischer Lyrik und räumt dieser jede Woche einen prominenten Platz im Politikteil der Zeitung ein. Die Qualität der bisher veröffentlichten Gedichte ist dabei sehr unterschiedlich, und vieles bleibt (dem Medium entsprechend) kryptisch. Auffallend jedoch sind die Tendenz zur konsequenten Kleinschrift, sowie der weitgehende Verzicht auf Satzzeichen und Reime. Damit irritieren diese Texte gleich doppelt, und erfüllen so ihren Zweck als gänzlich andere Perspektiven auf Politik, als es Reportagen, Interviews, Essays, Kommentare und Analysen erlaubt ist. Eines der Gedichte, das mir besonders gefallen hat, stammt von der mir bisher unbekannten Uljana Wolf:
wolken, weisen
i love originality so much i keep copying it. charles bernstein
diese zeile habe ich schon einmal wo gelesen, eine zweite
siehe, seite, so. anders schon gelesen. eine zweite, ziehn
zweige and fenster schlugen, was eine art gemeinwesen
wo zweige ans fenster, "fenster" eine art gemeint zu sein
von der cloud her, denken, quellen, morphende formen
men, von den wolken her, wellen und formen als waisen
wunden, diese spannung zwischen anhängern eines closed
oder innere, die anhängende spannung zwischen losen
oder offen vorgestellte textverbände, nehmen seit jahren
en bereitgestellter text, verbands, und nahm seit jahren
zu, dies schrieb meine hand, geführt vom eignen druck
auf und meine hand, vom eignen früher sanft gedrückt