Freitag, 28. September 2012

Steinbrücks Kandidatur

Schon seit Monaten hatte man es raunen gehört. Doch jetzt ist es endlich gewiss: Peer Steinbrück wird Kanzlerkandidat der Sozialdemokraten. Im nächsten Herbst will er Angela Merkel herausfordern. Der Wahlkampf könnte also am Ende doch nicht gar so langweilig werden. Denn Steinbrück genießt bis weit ins CDU-Lager hinein Anerkennung.

Die SPD will es nun also doch wissen und lässt den Kandidaten ins Rennen, der die besten Aussichten hat, parteiintern allerdings wohl auch am schmerzhaftesten sein wird. Sonderlich beliebt hat er sich in der SPD nie gemacht. Und als diplomatisch wird er auch nicht gerade gerühmt. Der Hanseate gilt als herrisch, undiplomatisch und autoritär. Zudem steht er mit vielen Ansichten am rechten Rand der Sozialdemokratie. In Helmut Schmidt-Manier könnte er also theoretisch einen Kanzler abgeben, der respektiert wird, aber nach Ansicht vieler Wähler "leider in der falschen Partei" ist.

Das wahrscheinlichste Szenario: Steinbrück wird Vizekanzler

Auch wenn der Wahlkampf so an Spannung gewinnt, deutet nur wenig darauf hin, dass er Angela Merkel als Kanzler beerben wird. Das wahrscheinlichste Szenario für die kommende Bundestagswahl ist eine Wiederauflage der Großen Koalition von 2005-2009 mit Peer Steinbrück als Vizekanzler (auch wenn der Kandidat das momentan noch kategorisch ausschließt). Denn es wird wohl für keines der beiden politischen Lager reichen. Dafür ist unser Parteiensystem schlicht zu fragmentiert. Außerdem ist bekannt, dass die Kanzlerin den ungeliebten Koalitionspartner nur allzu gerne loswerden würde.

Zu den kleinen Parteien: Der Höhenflug der Grünen, die letztes Jahr schon vor der SPD gesehen wurden, ist definitiv beendet und die Partei auf Normalmaß zurückgestutzt. Ein gutes Wahlergebnis werden sie dennoch erzielen. Probleme, die sich die Liberalen nur erträumen dürfen. Die FDP kann froh sein, wenn sie es überhaupt wieder in den Bundestag schafft. Doch am Ende wird sie den Sprung schon schaffen. Allerdings werden die entscheidenden Prozente für Schwarz-Gelb fehlen. Auch die Linke wird an den Wahlerfolg von 2009 nicht anknüpfen können, aber nicht aus dem Bundestag fliegen. Und die Piraten? Wenn sie die 5-Prozent-Hürde überwinden, wird es definitiv weder für Rot-Grün noch Schwarz-Gelb reichen. Schwer vorherzusagen, ob sie es schaffen werden. In einem wohl von der Euro-Krise dominierten Wahlkampf werden sie es allerdings sehr schwer haben, sich zu profilieren.

Zu den beiden - gar nicht mehr so - großen Parteien: Es sind Krisenzeiten, und in diesen fürchten die Menschen nichts mehr als die Veränderung. Ein Großteil der Deutschen fühlt sich schließlich von Angela Merkel gut durch die Krise geführt, welche die meisten hierzulande ohnehin nur aus dem Fernsehen kennen. Die Kanzlerin ist beliebt, beliebter auch als ihre Partei. Von einer Wechselstimmung ist nichts zu spüren. Das liegt auch an einer SPD, deren Glaubwürdigkeit in den langen Jahren der Regierungszeit nachhaltig Schaden genommen hat. Während sich die CDU modernisierte und teils gar sozialdemokratische Agenda kaperte, wirkt die SPD immer noch traumatisiert. Eine wirkliche politische Alternative, eine Gegen-Agenda zu Schwarz-Gelb, ist von der Oppositionspartei bisher nicht erkennbar.

Zwar wird die SPD sicher besser abschneiden als bei ihrer historischen Wahlniederlage von 2009. Aber auch mit einem Steinbrück, der jetzt die Finanzmärkte regulieren will, die er einst deregulierte, wird es der SPD wohl kaum gelingen, stärkste Partei zu werden. Das haben in der deutschen Geschichte ohnehin nur zwei Sozialdemokratien geschafft: Willy Brandt anno 1972 gegen Rainer Barzel und Gerhard Schröder 1998 gegen den altersmüden Helmut Kohl. Doch besitzt weder Steinbrück das Charisma von Brandt oder Schröder, noch lässt Angela Merkel Altersmüdigkeit erkennen.

Angela Merkel - die ewige Kanzlerin?

Für die SPD kommt erschwerend hinzu, dass die Regierungsjahre, insbesondere die Agenda-Politik, immer noch auf den Genossen lasten. Unter Schröder und in der Großen Koalition hat die Partei viel an Glaubwürdigkeit eingebüßt und bis heute keinen richtigen Umgang mit dieser Zeit gefunden. Viele traditionelle SPD-Wähler haben sich enttäuscht abgewendet. Und mit Steinbrück wird einer der prominentesten Protagonisten dieser Zeit nun zum Gesicht der Partei werden. Ein glaubwürdiger Neuanfang sieht anders aus. Innerparteiliche Konflikte sind vorprogrammiert.

Und Angela Merkel? Ein Ende ihrer Kanzlerschaft liegt wohl noch in weiter Ferne. Nach der Wende galt sie als "Kohls Mädchen". Diese Zeiten sind lange vorbei. Niemand wird die Kanzlerin heute noch ernsthaft unterschätzen. Ihr einstiger Förderer - "der ewige Kanzler" - stand 16 lange Jahre an der Spitze dieses Staates. Die Kanzlerin ist nun bereits sieben Jahre im Amt., und weit und breit niemand in Sicht, der sie beerben könnte. Angela Merkel - auf dem Weg zur "ewigen Kanzlerin"?

Keine Kommentare: