Freitag, 19. Juli 2013

Wettbewerbsfähig oder sozial gerecht?

Am 22. September ist Bundestagswahl. Doch noch ist wenig zu spüren vom Walhkampf. Unlängst hatten die Kandidaten des Wahlkreis Waiblingen auf Einladung des Wirtschaftsforums Welzheimer Wald/Wieslauftal nun eine erste Möglichkeit ihre Positionen – die um den Konflikt zwischen Wettbewerbsfähigkeit und sozialer Gerechtigkeit kreisten – gegeneinander abzugrenzen.

Bereits bei der Zustandsbeschreibung herrschte unter den Kandidaten Uneinigkeit: Geht es Deutschland nun gut? Oder droht sich unsere Gesellschaft in Arm und Reich zu spalten? Ist die Energiewende Wachstumsmotor oder eine Gefahr für unsere Wettbewerbsfähigkeit? Dissenz erst recht bei den Zielen: Sind die rot-grünen Steuerpläne nun eine Form sinnvoller Umverteilung oder der direkte Weg in Rezession und Enteignung?

Umstrittene rot-grüne Steuerpläne

Für Dr. Joachim Pfeiffer (CDU) und Hartfrid Wolff (FDP) waren es auf jeden Fall vier gute Jahre. Diesen Weg gelte es nun fortzusetzen. „Das Entscheidende dafür ist die Wettbewerbsfähigkeit“, betont Wolff. Die stellt auch Pfeiffer in den Mittelpunkt und warnt zugleich: „Es wäre fatal, wenn die Steuerpläne von Rot-Grün umgesetzt werden“. Beide Parteien fordern unter anderem einen höheren Spitzensteuersatz, die SPD zudem eine Vermögenssteuer, die Grünen eine Vermögensabgabe. Für Wolff ein ganz klarer Fall von „falscher Enteignung“. Die deutsche Wirtschaft könne das nur schwerlich verkraften. Eine junge Dame aus dem Publikum äußert gar echte Zukunftsangst im Falle eines möglichen rot-grünen Wahlsiegs.

SPD-Kandidat Alexander Bauer sieht die Zukunft hingegen optimistischer. Denn der geplante Spitzensteuersatz von 49 Prozent treffe ohnehin nicht die Mittelschicht. Auch Grünen-Kandidatin Andrea Sieber betont: „Ein Großteil der Bevölkerung wird durch unsere Pläne entlastet“. Und fügt hinzu: „Ein Teil bekommt die Chance, sich zu beteiligen“ - eine Bemerkung, die im Publikum lautes Gelächter hervorruft. Die zentrale Frage sei eben die nach sozialer Gerechtigkeit. Alexander Bauer: „Ohne sozialen Frieden ist alles andere nichts. Er ist das Rückgrat unserer Demokratie“. 

Agenda 2010 – Kahlschlag oder Impuls für die Wirtschaft?

Beide fordern daher auch Korrekturen an der Agenda 2010, die Rot-Grün unter Schröder damals selbst eingeführt hatte. Bauer nennt sie „das wunde Herz der SPD“. Es gelte nun, die Stellschrauben neu zu stellen. Auch Sieber meint: „Die Absicht der Gesetze war gut, doch es gibt es ganz großen Nachbesserungsbedarf“. Unsere gute Wirtschaftslage, darauf legt sie wert, sei allerdings ohne diese Gesetze nicht möglich gewesen. FDP-Mann Wolff kann da nur den Kopf schütteln: „Und daher wollen sie die jetzt wieder abschaffen?“ Für Udo Rauhut, den Kandidaten der Linkspartei gibt es da gar nichts herum zu diskutieren, sein Urteil ist eindeutig: „Das war der größte soziale Kahlschlag in der Geschichte der Bundesrepublik“. Pfeiffer hingegen spricht bei den Gesetzen, die im Bundesrat von allen Parteien außer der damaligen PDS beschlossen wurden, von einer „Gemeinschaftsleistung aller“. Wer diese zurückdrehen wolle, riskiere dass Deutschland wieder zum „kranken Mann Europas“ werde. Was wir vielmehr bräuchten sei eine Agenda 2030.

Und die Energiewende? Für Wolff und Pfeiffer aufgrund der Energiepreisentwicklung eine Frage der Wettbewerbsfähigkeit. Wolff plädiert klassisch liberal: „Wir müssen zusehen, dass die Bürokratie- und Steuerlast nicht zu hoch wird“. Und Pfeiffer spricht von „Gefahr in Verzug“, denn „Energiekosten sind die momentan entscheidendste Frage für die Wirtschaft“. Bauer hingegen mag diese Angstmacherei nicht verstehen. Er sieht die Energiewende vielmehr als langfristige Investition und appelliert an die Unternehmen: „Bitte nicht zu kurzfristig denken!“ Doch gelingen könne sie, da ist er sich mit der Grünen- und dem Linken-Kandidaten einig, nur dezentral. 

Ein Thema, bei dem sich die Kandidaten zumindest in der Problemdefinition einig sind ist die Infrastruktursituation im Kreis. Viele Straßen, so der einhellige Tenor, seien in einem katastrophalen Zustand. Die Instandhaltung der bestehenden Infrastruktur schreiben sich alle Kandidaten auf die Fahne. Bei der Frage, ob zusätzliche Straßen gebaut werden sollen, gehen die Meinungen allerdings wieder auseinander. Rauhut meint dazu: „Warum sollen die Bürger das nicht selbst entscheiden? In der Schweiz funktioniert das ja auch“. Wolff und Pfeiffer würden lieber heute als morgen mit dem Ausbau etwa von B14 und B29. Auch Bauer spricht sich für einen Ausbau der B29 Richtung Aalen aus. Nur Andrea Sieber von den Grünen möchte „weiter denken, anders denken“. Mobilität ist für sie mehr als nur Automobilität. Sie fordert einen Mobilitätsplan, der Konzepte für die Carsharing, Fahrradwege und einen verbesserten öffentlichen Nahverkehr beinhaltet. Dies betreffe letztlich auch Fragen der Inklusion, denn „es ist momentan gar nicht für alle möglich, an Mobilität teilzunehmen. Und das sind Sachen, die mich tatsächlich bewegen. “

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