Montag, 3. Januar 2011

Flüchtige Notizen III: Apocalypse Now!


Juli 2009:

Vorab: Inhalt und Form sind im Film nicht voneinander zu trennen. Film, das ist auch Philosophie, nur in anderer Form. Denn das Wesen der Philosophie ist nicht allein die Sprache im Text, sondern eine Praxis, die (eben auch in Form von Filmen) vollzogen werden kann. Zum Philosophieren gehört das Beschreiben der möglichen Seinsformen, der Virtualitäten - das sind Gelegenheiten, Variationen immer neuer Darstellungen, die einen stetigen Prozess des Anschließens an Darstellungen ermöglichen und damit die Generierung eigener, neuer Darstellungen. Die überwältigende Wirkung des Kinofilms ermöglicht so eine Reflexion relevanter philosophischen Fragen in gleichnishafter Form.

Eines der gelungensten Beispiele einer solchen Reflexion ist Francis Ford Coppolas Apocalypse Now!. Die zweifellose Erhabenheit des Filmes bei erster Betrachtung führt zu Irritationen, die den Betrachter etwas ratlos zurücklassen, aber auch Ausgangspunkt potentiell unendlicher Analyse sein können, Was Apocalypse Now! zu einem philosophisch fassbaren Film macht ist seine Vielfalt der Gedanken, die Selbstreflexion des Films als Film, seine Prozesshaftigkeit und sein steter Bezug auf Philosophie, Film, Literatur, Geschichte und Kunst.

Apocalyse Now! ist keine realistische Darstellung des Vietnamkrieges, sondern vielmehr eine surreale und daher besonders überzeugende Reflexion zum Thema Krieg an sich. Die Apokalypse ist nicht das Ende, sondern vielmehr der von den Menschen selbst geschaffene Zustand der Welt. Gott ist tot, wurde getötet und niemand ist mehr da, der das Grauen beenden könnte. Kurtz, Gott, Philosoph, Heiliger, Soldat, Ziel und Fixpunkt des Filmes befindet sich jenseits der uns bekannten Welt, in einem permanenten Ausnahmezustand. Er weiß um die Unterscheidungen, aber stellt sich über alle Urteile und Wertungen. Er ist nur denkbar, nicht in dieser Welt lebbar, ist das ausgeschlossene Dritte, daher muss er getötet werden. Und so geht Willard, Hauptdarsteller und Ich-Erzähler, als Wahnsinniger zurück in die Welt. Doch die Denkbarkeit bleibt und damit auch die Paradoxien.

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