Sonntag, 15. Januar 2017

Die Algorithmisierung der Verlage

Gute Zeitungen werden dringend gebraucht, aber immer seltener gemacht. Das liegt am Konsumverhalten der Konsumenten, aber auch an den Konzepten der Medienproduzenten - und wird mittelfristig zu einem Problem für die Demokratie.

In den letzten zehn Jahren hat ein tiefgreifender Wandel im Medienkonsum stattgefunden: weg von den klassischen Medien (Fernsehen, Tageszeitung, Radio) – hin zu den neuen sozialen Medien (Facebook, Twitter, Snapchat) sowie Google. Wobei die Inhalte nach wie vor häufig aus den klassischen Medien stammen. Was wir über die Gesellschaft erfahren, bestimmen immer seltener Journalisten, sondern Algorithmen, über deren Zusammensetzung jedoch nur wenig bekannt ist.

Facebook und Google denken aber nicht journalistisch. Sie wollen ihre Nutzer nicht auf unerwartete Themen stoßen, sondern unterhalten und das liefern, was gefällt und was sie ohnehin denken. Dadurch werden Weltbilder verstärkt und verfestigt, selten in Frage gestellt.

Content Marketing und Klickzahl-Kannibalismus

Die meisten Verlage (die zudem zunehmend auf jenes Content Marketing setzen, von dem sie zugleich bedroht werden) unterwerfen sich den intransparenten Regeln der neuen Gatekeeper und Medien-Hegemonen, anstatt ihnen etwas entgegen zu setzen. Personalisierung, Skandalisierung und Emotionalisierung bestimmen das Alltagsgeschäft – immer seltener die gründliche Recherche. Die Klickzahl wird zum Schicksal und der Journalismus kannibalisiert sich.

Der Wandel der Medien hat einen fundamentale Veränderung in der Selbstbeschreibung der Gesellschaft zur Folge: Vertrauen (nicht nur in die Medien) schwindet – und die Gesellschaft wird, ohnehin getrieben durch die Digitalisierung, zunehmend granularer: sie zerfällt in Gruppen und Individuen. Das gemeinsam Verbindliche schwindet. Das Fundament der Demokratie droht damit zu erodieren.

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