Mittwoch, 11. Juli 2007

Ein Badener dreht durch


In der Internationalen Politik gibt es den Erklärungsansatz der „bureaucratic politics“, der nichts anderes besagt als „where you stand is where you sit“, d.h. dass die Position, in der sich ein Mensch in einem Organisationsprozess befindet sein Agieren bis zu einem gewissen Grad determiniert. In vielen Fällen ließen sich damit überraschende Persönlichkeitswandlungen durch Ämter ansatzweise erklären. Doch manchmal scheinen Menschen in ihren Ämtern erst über sich hinauszuwachsen, sich geradezu selbst zu verwirklichen, insbesondere in so exponierten Positionen wie der eines Innenministers. Wohin das führen kann, verdeutlicht uns die deutsche Politik gerade eindrucksvoll. 

Dass Wolfgang Schäuble eher zu letzterer Gruppe zählt, klingt recht plausibel und dürfte zu einem großen Teil seinem überlebten Anschlag zu schulden sein. Seit fast zwei Jahren provoziert er nun schon mit immer neuen Vorschlägen, die die Grenzen des Grundgesetzes doch recht stark aufweichen. Einmal die Verwendung der Mautdaten von Lkws, dann der Einsatz der Bundeswehr im Innern, der Abschuss gekaperter Flugzeuge und schließlich die weitgehende Abschaffung der Unschuldsvermutung. 

Doch was sich der Herr aus dem Schwarzwald nun ausgedacht hat, übersteigt selbst die kühnsten Vorstellungen von law und order in diesem Lande. Schäuble will eine Lizenz zum staatlichen Töten. Er argumentiert dabei mit dem finalen Rettungsschuss, der Polizisten jetzt schon gestattet ist, vorausgesetzt eine Rettung von Geiseln ist nicht anders möglich. Mal ganz davon abgesehen, dass in dieser Republik - aus guten Gründen - die Todesstrafe von jeher verboten war: aus einer absoluten Ausnahmegenehmigung ein generelles Tötungsrecht abzuleiten ist mehr als fragwürdig. Doch damit nicht genug: potenziellen Straftätern will er zukünftig mit Freiheitsentzug begegnen, von vorbeugender Haft ist die Rede. Welche Konsequenzen mit diesem Vorschlag, würde er denn tatsächlich realisiert, einhergingen, ist nur zu offensichtlich. Von Rechtsstaat kann keine Rede mehr sein und die Parallelen zu Guantanamo sind zu offensichtlich.

Was bezweckt der Minister also? Spricht aus ihm die gekränkte Eitelkeit als ewiger Zweiter (als Kanzlerkandidat, wie als Präsidentenkandidat) und von Merkel (als CDU-Vorsitzender) Abgewickelter, die er mit möglichst starker Rhetorik zu kompensieren sucht? Ist die Ursache vielmehr in seiner eigenen lebensbedrohlichen Attentatserfahrung zu suchen, die in ihm die Sicherheit zur obersten Maxime hat werden lassen? Oder haben wir es hier schlicht und ergreifend mit einem CDU-Rechtsaußen zu tun, der es mit dem Grundgesetz nicht ganz so ernst nimmt – einer Gefahr für unsere Verfassung und unsere Demokratie also?

Der Sicherheitsdiskurs wurde unter dem gewendeten ehemaligen RAF-Anwalt und vom Grünen zum konservativen Sozi mutierten Schily im Zuge des 11. Septembers schon mächtig nach rechts gerückt. Doch was Schäuble in seiner zweiten Amtszeit als Innenminister in den öffentlichen Diskurs geworfen hat, überschreitet die Grenzen des Erträglichen: „Die rote Linie ist ganz einfach: Sie ist immer durch die Verfassung definiert, die man allerdings verändern kann." Kann denn niemand diesen Mann stoppen?

2 Kommentare:

just me hat gesagt…

ich muss dich etwas korregieren.
1. schäuble ist aus dem breisgau, folglich kein schwabe.
2. muss man nun im nachhinein anmerken , das wo alle dachten "dr schäuble hat a schräuble locker", sich das ganze inzwischen anders gestaltet. er hat nunverkündet , das er von osama bin laden entdeckung und ferngesteuertem raketen angriff sprach. um nicht zu sagen, da knirscht es im hirnkastel.


ich für mein teil wäre für schäuble als kanzlerkandidat, in einem land in dem es stetig bergabgeht hat er es recht leicht voran zu kommen.

Mathias Ellwanger hat gesagt…

...ond dôbei ben i so sicher gwä, dass des Kaff, wo der herkomma duat, no zom Schwobaländle gheart, der guade Mô heart sich jô au net grad arg badisch ô, wobei des scho einiges erglära dät...