Freitag, 12. Januar 2007

What's goin on

"Who's willing to try / to safe a world that is destined to die"

Marvin Gayes einfache, aber richtige Frage, was denn eigentlich los sei, schlug 1971 große Wellen. Soul ist seitdem nicht mehr dasselbe, denn hier manifestierte ein Mann seinen Schmerz auf nie da gewesene Art & Weise. Er transportierte den Soul auf eine andere Ebene. Beinahe transzendental schwebt die Musik, eine engelsgleiche Stimme fragt, von einem samtenen Orchester umschmiegt „what’s happening brother / what’s been shaken up and down the line / I want to know cause I’m slightly behind the line”. Soul verbindet sich mit Jazz, Jazz mit Soul und alles zusammen mit God. Ja, Gaye ist ein gläubiger Mensch, und What’s goin on seine Klage über den Zustand der Welt an sich und den Mangel an Liebe - uns selbst gegenüber, wie unseren Nächsten und letztlich der ganzen Welt als Schöpfung Gottes - im speziellen. So etwa die Öko-Hymne „Mercy, Mercy Me“ , eine Liebeserklärung an die Natur. „All you need is love“ möchte man sagen und an die Beatles denken. Aber das hier ist mehr. Es ist spirituell, ein Album gewordener Gottesdienst, ein wahrhaft großer Gottesdienst.

Acht Jahre nun schon bin ich nicht mehr gläubig. aber ich respektiere den Glauben, da ich selbst einst seine Kraft spüren durfte. Nur schaffen es leider wenige, seine Kraft positiv zu nutzen, denn Glaube ist auch gefährlich. Aber hier geht es um Soul, echten Soul, afroamerikanische Musiktraditionen, um die ganze Geschichte der Verschleppung und Versklavung, die bei allen großen schwarzen Künstlern immer - zumindest implizit - mitschwingt. Und wenn es etwas gibt, das die Vereinigten Staaten wirklich an originärer Kulturleistung hervorgebracht hat, so war es die afroamerikanische Musik des 20. Jahrhunderts. God spielte dabei keine geringe Rolle.

Deshalb sollte man sich nicht von etwaigen Vorurteilen dazu verleiten lassen, diesen musikalischen Schatz zu ignorieren. Nun, es mag sicher genügend Menschen geben, die zu diesem Album aus den unterschiedlichsten Gründen keinen Zugang finden werden. Und vielleicht ist das auch richtig so. Aber jeder, dessen Herz dem Soul zugänglich ist, wird ihm verfallen. Denn eine vergleichbar intensive Platte sollte erst der frühe, musikalisch noch äußerst facettenreiche Stevie Wonder 1976 mit seinen „Songs in the Key of Live“ erschaffen.


4 Kommentare:

Mathias Ellwanger hat gesagt…

"Rockets, moon shots
Spend it on the have nots
Money we make it
Fore we see it you take it
Oh, make you wanna holler
The way they do my life
Make me wanna holler
The way they do my life
This ain't livin, this ain't livin
No, no, no"

(aus: Inner City Blues)

Anonym hat gesagt…

Irgendwie ein ziemlicher stierer Beitrag, wenn ich das mal so sagen darf. Reichlich Phrasen, wenig Inhalt; reichlich Trivial Pursuit für die Musikfreunde im Vorschulalter, wenig Detail.
Das geht besser?

Mal abgesehen vom Einzug haltenden totalen Kommerz.

Mathias Ellwanger hat gesagt…

Dass der Beitrag bei Mr. Ray keinen allzu großen Anklang finden würde, war abzusehen. Dass unter dem Rausch der Begeisterung geschriebene Texte zumeist jeglicher Objektivität (die meines Erachtens in Bezug auf Musik sowieso nicht möglich ist) entbehren, mag ebenfalls zutreffen. Dass meine kleine Hommage an eines der besten Soulalben für dich nur "Trivial Pursuit für die Musikfreunde im Vorschulalter" darstellt, erscheint mir etwas übertrieben, da dem aufmerksamen Leser die zentrale Aussage nicht entgangen sein dürfte und ich angesichts der Bekanntheit des Werks ausführlichere musikalische Erörtungen für überflüssig hielt. Den Vorwurf des "totalen Kommerz" jedoch halte ich - selbst von deiner Seite - für reichlich vermessen. Dies rein an Verkaufszahlen oder Bekanntheitsgrad auszumachen - oder woran sonst vermagst du das festzustellen? - ist reichlich vekürzt.

Oder ist es etwa - dem guten alten, leicht spießigen Indie-Prinzip folgend - nicht gestattet, auch die kulturellen Leistungen erfolgreicher, auf Majorlabels veröffentlichender Musiker (wie dredg, Tom Waits, Ludwig van oder eben besagter Gaye) zu würdigen? Ist es etwa verwerflich, Musik für gut und echt zu befinden, die gelegentlich auch in Formatradios zu hören ist? Und ist es dann letztlich auch falsch, herausragende Werke von Musikern zu besitzen, die im Laufe ihrer Entwicklung tatsächlich dem "totalen Kommerz" anheim gefallen sind?

Anonym hat gesagt…

"unter dem Rausch der Begeisterung" geschrieben scheint mir auch Dein letzter Kommentar zu sein; zunächst darfst Du das bisschen Polemik ruhig entschuldigen, die lediglich darauf verweisen sollte, dass Leser, die weder Album noch Künstler kennen - ja, solche Barbaren gibt es -, mit dem Beitrag leider recht wenig anfangen können.

Zum "totalen Kommerz"... ich dachte, Du brächtest den erstaunlichen synthetischen Schluss zustande, diese Wendung auf den ersten Kommentar von ufo-123 zu beziehen und damit in den richtigen Kontext zu rücken. Da lag ich wohl falsch.

Mr. Ray