Dienstag, 10. April 2007

Heilige Schriften?


Vor einiger Zeit habe ich – nach langer, langer Zeit – mal wieder in der Bibel gelesen, nachdem ich mich zuvor ein wenig dem Koran zugewendet hatte, aber ob der wortgewaltigen Sprache nur wenige Suren geschafft habe. Zudem hatte ich mir eine relativ schlechte Übersetzung besorgt – und wer weiß, dass das Schriftarabische völlig ohne Vokale auskommt, dem dürfte auch bewusst sein, wie wichtig und entscheidend es ist, eine gute Übersetzung dieser heiligen Schrift (die ja eigentlich gar nicht übersetzt werden dürfte, aber deswegen extra Arabisch zu lernen erschien mir dann doch zu viel des Guten) zu lesen. Zudem gibt es durchaus gravierende Unterschiede zwischen den verschiedenen Interpretationen (nichts anderes sind sie ja), wen es interessiert, der kann sich auf www.nur-koran.de alle gängigen Übersetzungen Stelle für Stelle gegenüber stellen lassen – kaum eine Religion ist wohl aus ihrer Schrift heraus so interpretationsfähig. Deshalb halte ich es auch immer für fragwürdig, wenn Islamkritiker aus Suren einer fundamentalistischen Übersetzung zitieren, um etwa die prinzipielle Frauenfeindlichkeit der Religion (meiner bescheidenen Meinung nach eher eine Folge der männlichen Interpretation, als in der Religion selbst verankert) beweisen zu wollen, weil es eine Eindeutigkeit vorspiegelt, die der Koran nun einmal nicht bietet. So ist es letztlich stets die Sichtweise des Exegeten, welche das Ergebnis der Lektüre vorherbestimmt.

Nun, aber eigentlich sollte es hier ja nicht um den durchaus interessanten Islam, sondern um das alte Christentum und seine Heilige Schrift gehen, bei der (im Gegensatz zum Koran) wohl kein halbwegs vernünftiger Mensch bestreiten kann, dass sie von verschiedenen Menschen verfasst wurde und deshalb von vorne herein interpretationsbedürftig ist. Nun ist ja die Bibel als ein weitgehend dröges, widersprüchliches Märchenbuch verschrien, aber in dem - mit mehr als tausend Seiten gegenüber dem Koran wesentlich dickeren - Schmöker finden sich doch auch immer wieder erhellende, durchaus lesenswerte Passagen. So etwa die berühmt-berüchtigte Bergpredigt Jesu, die nicht nur Nietzsche gut zweitausend Jahre später in die Weißglut treiben sollte, da ihre Konsequenzen ziemlich radikal waren. Zwei Stellen in eben jener historisch nicht ganz folgenlosen Rede hatten mir es schon immer angetan. Da wir ja nicht nur gerade ein großes christliches Fest hinter uns gebracht haben und die Weltlage (verschuldet durch das Verhalten angeblich christlicher bzw. muslimischer Nationen) gerade mal wieder alles andere als rosig aussieht, zitiere ich hier einfach mal besagte, den meisten wohl bekannte Stellen aus meiner Luther-Bibel von 1912, die ich einfach mal so stehen lasse: „Liebet eure Feinde; segnet, die euch fluchen; tut wohl denen, die euch hassen; bittet für die, so euch beleidigen und verfolgen“ (Mt, 5,44) und, noch viel schöner und passender: „Richtet nicht, auf dass ihr nicht gerichtet werdet. Denn mit welcherlei Gericht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden; und mit welcherlei Maß ihr messet, wird euch gemessen. Was siehest du aber den Splitter in deines Bruders Auge, und wirst nicht gewahr des Balkens in deinem Auge?(Mt, 7, 1-3)

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